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13Aug02 - AUT


Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof


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Langtitel

Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof
StF: BGBl. I Nr. 135/2002 (NR: GP XXI RV 1168 AB 1214 S. 110. BR: 6696 AB 6739 S. 690.)

Änderung

BGBl. I Nr. 2/2008 (1. BVRBG) (NR: GP XXIII RV 314 AB 370 S. 41. BR: 7799 AB 7830 S. 751.)

Präambel/Promulgationsklausel

Inhaltsverzeichnis

Artikel

Gegenstand

Erster Teil (§§ 1 bis 12)

Allgemeine Bestimmungen
Zweiter Teil (§§ 13 bis 44) Besondere Bestimmungen
Erster Abschnitt (§ 13) Ermittlungen und Verhandlungen des Internationalen Strafgerichtshofs in Österreich
Zweiter Abschnitt (§§ 14 bis 21) Rechtshilfe
Dritter Abschnitt (§ 22) Fahndung
Vierter Abschnitt (§§ 23 bis 31) Überstellungshaft, Überstellung und Durchlieferung/Durchbeförderung
Fünfter Abschnitt (§§ 32 bis 40) Übernahme der Vollstreckung von Freiheitsstrafen
Sechster Abschnitt (§§ 41 und 42) Übernahme der Vollstreckung von Geldstrafen, vermögensrechtlichen Anordnungen und Wiedergutmachungsanordnungen
Siebenter Abschnitt (§ 43) Wirkung der Entscheidungen des Internationalen Strafgerichtshofs
Achter Abschnitt (§ 44) Übernahme der Strafverfolgung von Straftaten gegen die Rechtspflege
Dritter Teil (§ 45) In-Kraft-Treten und Schlussbestimmungen

Erster Teil
Allgemeine Bestimmungen
Internationaler Strafgerichtshof

§ 1. Der Begriff "Internationaler Strafgerichtshof" im Sinne dieses Bundesgesetzes bezeichnet den mit dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998, BGBl. III Nr. 180, (in der Folge: Statut) errichteten Internationalen Strafgerichtshof einschließlich seiner Kammern und der Anklagebehörde, der Mitglieder dieser Kammern und der Anklagebehörde sowie des Präsidiums und der Kanzlei.

Grundsatz der Zusammenarbeit

§ 2. (1) Alle Organe des Bundes, insbesondere die Gerichte, Staatsanwaltschaften, Strafvollstreckungsbehörden und Sicherheitsbehörden, sind verpflichtet, mit dem Internationalen Strafgerichtshof umfassend zusammenzuarbeiten.

(2) Die Verpflichtung nach Abs. 1 besteht insbesondere darin, dem Internationalen Strafgerichtshof nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und nach Maßgabe des Statuts sowie der Verfahrens- und Beweisordnung des Internationalen Strafgerichtshofs Informationen und Unterlagen über den Verdacht von Verbrechen, die in seine Zuständigkeit fallen, zugänglich zu machen, ihm Rechtshilfe zu leisten und Beschuldigte zu überstellen sowie Verurteilte zum Strafvollzug zu übernehmen und Geldstrafen und vermögensrechtliche Anordnungen zu vollstrecken.

(3) Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, sind auf das Verfahren die Bestimmungen des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes (ARHG) und der Strafprozessordnung 1975 (StPO) anzuwenden.

Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs

§ 3. Der Internationale Strafgerichtshof ist nach Maßgabe der Bestimmungen des Statuts über die Ausübung seiner Gerichtsbarkeit für die Verfolgung und Bestrafung von Personen zuständig, denen ein Verbrechen im Sinne der Art. 5 Abs. 1 lit. a bis c, 6 bis 8 und 25 des Statuts (Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen) zur Last liegt, das nach dessen In-Kraft-Treten (Art. 10 bis 13 des Statuts) begangen wurde.

Österreichische Gerichtsbarkeit

§ 4. (1) Die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte wird durch die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs nicht ausgeschlossen.

(2) Die österreichische Gerichtsbarkeit entfällt jedoch für Taten, derentwegen die Person vom Internationalen Strafgerichtshof rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen wurde.

Anfechtung der Zulässigkeit des Verfahrens und Verfahrensabtretung an den Internationalen Strafgerichtshof

§ 5. (1) Beansprucht der Internationale Strafgerichtshof seine Zuständigkeit für eine Strafsache, so kann der Bundesminister für Justiz die österreichische Zuständigkeit im Sinne von Art. 18 des Statuts geltend machen oder die Zulässigkeit des Verfahrens oder die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs nach Art. 19 des Statuts anfechten.

(2) Die Zulässigkeit des Verfahrens ist anzufechten, wenn

    1. die Person wegen der Tat von einem österreichischen Gericht rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen wurde;

    2. vor einer inländischen Staatsanwaltschaft oder vor einem solchen Gericht wegen der im Inland begangenen Tat oder wegen der Tat eines im Inland betretenen österreichischen Staatsbürgers eine Strafsache anhängig ist oder auf Grund eines Ersuchens des Internationalen Strafgerichtshofs um Verhaftung und Überstellung oder um Leistung von Rechtshilfe anhängig gemacht wird, es sei denn, dass der Durchführung des Strafverfahrens durch den Internationalen Strafgerichtshof mit Rücksicht auf besondere Umstände, insbesondere aus Gründen der Wahrheitsfindung oder der Konnexität mit anderen, dem Verfahren vor dem Gerichtshof zu Grunde liegenden Straftaten, der Vorzug zu geben ist; oder

    3. wegen der Tat ein Verfahren vor einer Staatsanwaltschaft oder einem Gericht im Inland anhängig war, welches aus anderen als ausschließlich verfahrensrechtlichen Gründen eingestellt wurde.

(3) Um die Anfechtung der Zulässigkeit zu ermöglichen, hat die zuständige Staatsanwaltschaft dem Bundesministerium für Justiz über anhängige Strafsachen wegen in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallender strafbarer Handlungen zu berichten.

(4) Gegen die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs über die Zulässigkeit des Verfahrens steht dem Bundesminister für Justiz die binnen fünf Tagen beim Gerichtshof einzubringende Beschwerde offen.

(5) Wird die Zulässigkeit des Verfahrens vor dem Internationalen Strafgerichtshof oder dessen Gerichtsbarkeit nicht angefochten oder bejaht der Internationale Strafgerichtshof seine Zuständigkeit endgültig, so hat das zuständige österreichische Gericht alle zur Sicherung der Person und der Beweise erforderlichen Veranlassungen zu treffen und sodann das Verfahren vorläufig einzustellen und dem Bundesministerium für Justiz eine vollständige Aktenablichtung zum Zweck der Weiterleitung an den Internationalen Strafgerichtshof vorzulegen. Werden Beweisgegenstände angeschlossen, so ist anzuführen, ob auf deren Rückgabe verzichtet wird.

(6) Das österreichische Strafverfahren ist nach endgültiger Entscheidung durch den Internationalen Strafgerichtshof einzustellen. Das Verfahren ist jedoch auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluss fortzusetzen, wenn

    1. der Ankläger beim Internationalen Strafgerichtshof beschließt, keine Anklage zu erheben, oder von der Anklage zurücktritt;

    2. der Internationale Strafgerichtshof die Anklage nach Prüfung zurückweist; oder

    3. der Internationale Strafgerichtshof seine Unzuständigkeit oder die Unzulässigkeit des Verfahrens feststellt.

Unterbreitung eines Sachverhalts an den Internationalen Strafgerichtshof

§ 6. (1) Über die Unterbreitung eines Sachverhalts im Sinne von Art. 14 des Statuts an den Internationalen Strafgerichtshof entscheidet die Bundesregierung.

(2) In den in § 5 Abs. 2 angeführten Fällen kommt die Unterbreitung eines Sachverhalts an den Internationalen Strafgerichtshof nicht in Betracht.

Beachte für folgende Bestimmung

Verfassungsbestimmung

Überstellung österreichischer Staatsbürger

§ 7. (Verfassungsbestimmung) Die österreichische Staatsbürgerschaft steht einer Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof (§§ 24 bis 28), einer Durchlieferung oder Durchbeförderung (§ 31) sowie einer Überstellung an einen anderen Staat zur Vollstreckung einer vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Strafe nicht entgegen.

Verkehr mit dem Internationalen Strafgerichtshof

§ 8. (1) Der Verkehr mit dem Internationalen Strafgerichtshof findet grundsätzlich unter Vermittlung des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten statt. Erledigungsakten sind auch dann unter Vermittlung des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten dem Internationalen Strafgerichtshof zu übermitteln, wenn dessen Ersuchen den österreichischen Gerichts- oder Verwaltungsbehörden auf anderem Weg zugekommen sind.

(2) Die Gerichte und Staatsanwaltschaften haben an den Internationalen Strafgerichtshof gerichtete Mitteilungen sowie die Erledigungsakten dem Bundesministerium für Justiz zur Weiterleitung vorzulegen.

(3) In dringenden Fällen und im Rahmen kriminalpolizeilicher Amtshilfe ist der unmittelbare Verkehr der österreichischen Behörden mit dem Internationalen Strafgerichtshof oder der Verkehr im Wege der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) zulässig. In dringenden Fällen ist ferner die Verwendung jedes Nachrichtenmittels zulässig, das die Erstellung einer schriftlichen Fassung unter Bedingungen ermöglicht, die die Feststellung der Echtheit des Ersuchens gestatten. Die derart übermittelten Ersuchen bedürfen der Bestätigung auf dem in Abs. 1 vorgesehenen Geschäftsweg.

(4) Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs bedürfen der Schriftform. Den Ersuchschreiben und den zu ihrer Begründung beigefügten Unterlagen sind beglaubigte Übersetzungen in die deutsche Sprache anzuschließen. Erledigungen von Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs und Aktenablichtungen zum Zweck der Verfahrensabtretung an diesen bedürfen keiner Übersetzung.

Konsultationspflicht; Ablehnung von Ersuchen des Gerichtshofs

§ 9. (1) Mit dem Internationalen Strafgerichtshof sind Konsultationen zum Zweck der Regelung der Angelegenheit insbesondere dann durchzuführen, wenn die Erledigung eines Ersuchens des Gerichtshofs

    1. einem anerkannten Rechtsgrundsatz entgegenstünde (Art. 93 Abs. 3 des Statuts);

    2. die nationale Sicherheit beeinträchtigen würde (Art. 72 und 93 Abs. 4 des Statuts);

    3. die Staatenimmunität oder die diplomatische Immunität einer Person oder des Eigentums eines anderen Staates verletzen würde (Art. 98 Abs. 1 des Statuts);

    4. mit völkerrechtlichen Verpflichtungen im Widerspruch stünde, denen zufolge die Überstellung eines Angehörigen des Entsendestaates an den Gerichtshof der Zustimmung dieses Staates bedarf (Art. 98 Abs. 2 des Statuts).

(2) Im Zuge der Konsultationen ist zu prüfen, ob dem Ersuchen auf andere Weise oder unter bestimmten Bedingungen entsprochen werden kann.

(3) Kann die Angelegenheit im Zuge der Konsultationen nicht geregelt werden, so ist der Internationale Strafgerichtshof um Abänderung des Ersuchens zu ersuchen. Kommt die Abänderung des Ersuchens durch den Internationalen Strafgerichtshof nicht in Betracht, so ist das Ersuchen abzulehnen.

(4) Über die Ablehnung entscheidet der Bundesminister für Justiz, in den in Abs. 1 Z 2 bis 4 angeführten Fällen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten. Im Fall des Abs. 1 Z 2 ist darüber hinaus das Einvernehmen mit dem sachlich zuständigen Bundesminister herzustellen. Der Internationale Strafgerichtshof ist von der Ablehnung des Ersuchens unter Angabe der Gründe in Kenntnis zu setzen.

Kosten

§ 10. (1) Kosten der Erledigung von Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs sind von der Republik Österreich zu tragen.

Ausgenommen sind:

    1. Kosten im Zusammenhang mit der Überstellung von Häftlingen zu Beweiszwecken nach Art. 93 des Statuts;

    2. Übersetzungs-, Dolmetsch- und Transkriptionskosten;

    3. Kosten von Befunden oder Sachverständigengutachten, die der Gerichtshof angefordert hat;

    4. Kosten im Zusammenhang mit der Beförderung einer Person, die dem Gerichtshof überstellt wird;

    5. nach Konsultationen außergewöhnliche Kosten, die sich aus der Erledigung eines Ersuchens ergeben können.

(2) Auf die Geltendmachung der in Abs. 1 angeführten Kosten gegenüber dem Internationalen Strafgerichtshof kann durch das Bundesministerium für Justiz verzichtet werden, wenn diese nur geringfügig sind oder sonstige berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen.

(3) Abs. 1 findet auf Ersuchen nach § 21 mit der Maßgabe Anwendung, dass die Kosten, vorbehaltlich der in Z 1 bis 5 angeführten Fälle, vom Internationalen Strafgerichtshof zu tragen sind.

Vertraulichkeit

§ 11. Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs und alle zu ihrer Begründung beigefügten Unterlagen sind vertraulich zu behandeln, soweit deren Offenlegung nicht für die Erledigung des Ersuchens erforderlich ist.

Freies Geleit

§ 12. (1) Personen, die vom Internationalen Strafgerichtshof aus dem Ausland geladen worden sind, um vor dem Gerichtshof zu erscheinen, oder deren Anwesenheit am Sitz des Internationalen Strafgerichtshofs erforderlich ist, haben zu diesem Zweck das Recht auf freie Durchreise durch das Gebiet der Republik Österreich. Sie dürfen im Inland wegen einer vor ihrer Einreise begangenen Handlung nicht verfolgt, bestraft oder in ihrer persönlichen Freiheit beschränkt werden.

(2) Die Verfolgung, Bestrafung oder Beschränkung der persönlichen Freiheit wegen einer vor ihrer Einreise begangenen Handlung ist aber zulässig, wenn die geladene Person die für die Durchreise angemessene Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet überschreitet, obwohl sie das Gebiet der Republik Österreich tatsächlich verlassen hätte können.

(3) Das freie Geleit entfällt, wenn der Internationale Strafgerichtshof um die Festnahme der geladenen Person ersucht (§§ 24, 26).

Zweiter Teil
Besondere Bestimmungen

ERSTER ABSCHNITT
Ermittlungen und Verhandlungen des Internationalen Strafgerichtshofs in Österreich

§ 13. (1) Der Internationale Strafgerichtshof ist befugt, selbständig Zeugen und Beschuldigte in Österreich zu vernehmen sowie einen nicht mit der Vornahme von Veränderungen verbundenen Augenschein an öffentlichen Orten und andere Beweisaufnahmen durchzuführen, wenn dies dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten unter Angabe der Zeit und des Gegenstandes der Ermittlungen im Voraus mitgeteilt wurde und bei der Durchführung der Ermittlungen vom Internationalen Strafgerichtshof Zwangsmaßnahmen weder angewandt noch angedroht werden. Einer besonderen Zustimmung zur Dienstverrichtung der Mitglieder und Erhebungsbeamten des Internationalen Strafgerichtshofs in Österreich bedarf es in diesen Fällen nicht.

(2) Der Internationale Strafgerichtshof ist befugt, Verhandlungen in Österreich durchzuführen, es sei denn, dass der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten einem solchen Ersuchen wegen schwerwiegender, die Sicherheit der Republik Österreich oder des Internationalen Strafgerichtshofs betreffender Bedenken widerspricht.

(3) Die österreichischen Behörden haben die Mitglieder und Erhebungsbeamten des Internationalen Strafgerichtshofs bei ihren selbständigen Tätigkeiten in Österreich zu unterstützen. Sie dürfen hiebei Zwangsmaßnahmen nur ergreifen, wenn ein schriftliches Rechtshilfeersuchen des Gerichtshofs vorliegt und die begehrte Rechtshilfe vom österreichischen Gericht angeordnet wurde. Zulässigkeit und Durchsetzung solcher Zwangsmaßnahmen richten sich nach österreichischem Recht.

ZWEITER ABSCHNITT
Rechtshilfe; Verfahrensvorschriften bei der Erledigung von Rechtshilfeersuchen

§ 14. (1) Die Rechtshilfe für den Internationalen Strafgerichtshof ist nach den in Österreich geltenden Vorschriften über die Rechtshilfe in Strafsachen durchzuführen.

(2) Einem Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs um Einhaltung bestimmter Formvorschriften ist dann zu entsprechen, wenn dies mit den Grundsätzen des österreichischen Strafverfahrensrechts vereinbar ist. Die Ton- oder Bildaufzeichnung und die Videoübertragung von Rechtshilfehandlungen ist immer zu gestatten, wenn dies vom Internationalen Strafgerichtshof begehrt wird.

(3) Den Mitgliedern und Erhebungsbeamten des Internationalen Strafgerichtshofs und anderen am Verfahren beteiligten Personen sowie ihren Rechtsbeiständen kann auf Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs die Anwesenheit und Mitwirkung bei Rechtshilfehandlungen gestattet werden. Sie sind zu diesem Zweck von Ort und Zeitpunkt der Durchführung der Rechtshilfehandlungen zu verständigen.

(4) Die Erledigung eines Ersuchens des Internationalen Strafgerichtshofs um kriminalpolizeiliche Erhebungen oder Auskünfte kann auch ohne Befassung des Gerichts durch das Bundesministerium für Inneres nach österreichischem Recht vorgenommen werden.

Aufschub der Erledigung von Rechtshilfeersuchen

§ 15. (1) Die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens kann aufgeschoben werden:

    1. bis zur Entscheidung über eine Anfechtung der Zuständigkeit nach den Art. 17 bis 19 des Statuts, sofern der Internationale Strafgerichtshof nicht ausdrücklich angeordnet hat, dass der Ankläger die Beweisaufnahme nach Art. 18 oder 19 des Statuts fortsetzen kann;

    2. um eine mit dem Gerichtshof vereinbarte Zeitspanne, wenn die sofortige Erledigung des Ersuchens laufende Ermittlungen oder die laufende Strafverfolgung in einer anderen Sache als derjenigen beeinträchtigen würde, auf die sich das Ersuchen bezieht.

(2) Über den Aufschub entscheidet der Bundesminister für Justiz.

(3) Vor der Entscheidung über den Aufschub nach Abs. 1 Z 2 ist zu prüfen, ob die erbetene Rechtshilfe unter bestimmten Bedingungen sofort geleistet werden kann. Wird ein Aufschub beschlossen, so ist einem Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs um Maßnahmen zur Beweissicherung dennoch zu entsprechen.

Ladung von Personen

§ 16. (1) Der Internationale Strafgerichtshof ist befugt, Personen, die sich in der Republik Österreich aufhalten, Ladungen und andere Aktenstücke unmittelbar im Weg der Post zuzustellen. Die Zustellung durch Vermittlung des Bundesministeriums für Justiz wird dadurch nicht ausgeschlossen.

(2) Die geladene Person ist nicht verpflichtet, der Ladung Folge zu leisten. Auf Ersuchen der geladenen Person, des Beschuldigten oder seines Verteidigers holt das Bundesministerium für Justiz beim Internationalen Strafgerichtshof die Zusicherung ein, dass die Person wegen einer vor ihrer Ausreise aus der Republik Österreich begangenen Handlung nicht verfolgt, in Haft genommen oder sonstigen Beschränkungen ihrer persönlichen Freiheit unterworfen wird.

(3) Auf Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs hat das österreichische Gericht Zeugen und Sachverständigen, die vor den Internationalen Strafgerichtshof geladen wurden, auf Antrag einen angemessenen Vorschuss auf die Reisekosten anzuweisen. Dieser Vorschuss ist zurückzufordern, wenn der Zeuge oder Sachverständige der Verhandlung vor dem Internationalen Strafgerichtshof fernbleibt oder den Pflichten, die durch die Ladung begründet werden, auf andere Weise nicht nachkommt.

Vernehmung einer verdächtigen Person

§ 17. (1) Eine Person, die auf Grund eines Ersuchens des Internationalen Strafgerichtshofs wegen des Verdachts, eine in seine Zuständigkeit fallende strafbare Handlung begangen zu haben, vernommen wird, ist vor der Vernehmung über den gegen sie bestehenden Tatverdacht sowie darüber zu unterrichten, dass sie das Recht habe,

    1. nicht auszusagen, ohne dabei befürchten zu müssen, dass ihr Schweigen bei der Feststellung von Schuld oder Unschuld in Betracht gezogen werde,

    2. sich von einem Verteidiger ihrer Wahl vertreten zu lassen, und, falls sie keinen Verteidiger hat, die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nach § 41 Abs. 2 StPO zu verlangen und

    3. in Anwesenheit eines Verteidigers vernommen zu werden, es sei denn, sie würde auf dieses Recht ausdrücklich und freiwillig verzichten.

(2) Die Belehrung und die darüber abgegebenene Erklärungen der zu vernehmenden Person sind in das Protokoll aufzunehmen. Liegen die Voraussetzungen nach § 41 Abs. 2 vor und verlangt die Person, in Anwesenheit eines Verteidigers vernommen zu werden, ohne einen Antrag auf Beigebung eines Verteidigers zu stellen, ist nach § 41 Abs. 4 StPO vorzugehen.

Überstellung von Häftlingen zu Beweiszwecken

§ 18. (1) Eine im Inland in Untersuchungs- oder Strafhaft befindliche Person ist auf Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs zum Zweck der Identifizierung, der Vernehmung, der Gegenüberstellung oder einer sonstigen Untersuchungshandlung unter zu vereinbarenden Bedingungen dem Gerichtshof zu überstellen, wenn sie der Überstellung zustimmt.

(2) Befindet sich die zu überstellende Person auf Grund eines Ersuchens des Internationalen Strafgerichtshofs um Übernahme der Strafvollstreckung gemäß § 33 Abs. 1 in Haft, so ist ihre Zustimmung zur Überstellung nicht erforderlich.

(3) Die Überstellung unterbricht den Vollzug der Untersuchungs- oder Strafhaft nicht.

Beachte für folgende Bestimmung

Abs. 1: Verfassungsbestimmung

Akteneinsicht und Übermittlung von Informationen, die die nationale Sicherheit betreffen

§ 19. (1) (Verfassungsbestimmung) Auf Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs ist Rechtshilfe durch Übermittlung von Gegenständen, Akten oder Aktenabschriften (Ablichtungen) sowie durch Gewährung von Akteneinsicht zu leisten.

(2) Betreffen die Akten die nationale Sicherheit, insbesondere im Zusammenhang mit militärischen Erkenntnissen, so ist der Internationale Strafgerichtshof zu konsultieren, um festzustellen, ob die Informationen von einer anderen Stelle oder in anderer Form erlangt werden können.

(3) Kann die Angelegenheit im Zuge der Konsultationen nach Abs. 2 nicht geregelt werden, so hat der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem sachlich zuständigen Bundesminister vor der Gewährung von Akteneinsicht oder der Übermittlung der Aktenabschriften zu prüfen, ob die Geheimhaltungsinteressen die Interessen an der Übersendung von Beweismitteln für die internationale Strafverfolgung beträchtlich überwiegen. Ist dies der Fall, so ist der Internationale Strafgerichtshof um Zusicherung der Geheimhaltung und um Bekanntgabe zu ersuchen, in welcher Weise die Geheimhaltung gewahrt werden wird.

(4) Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten hat im Einvernehmen mit dem sachlich zuständigen Bundesminister zu prüfen, ob die gegebene Zusicherung für die Wahrung der Geheimhaltungsinteressen als ausreichend zu betrachten ist. Die Akteneinsicht oder die Übermittlung von Aktenabschriften ist abzulehnen, wenn die Geheimhaltung nicht gewährleistet werden kann und für den Fall der Offenbarung zu besorgen ist, dass die nationale Sicherheit beeinträchtigt werden könnte.

(5) Die Abs. 2 bis 4 finden auch Anwendung, wenn eine Person, die zur Beibringung von Informationen oder Beweismitteln aufgefordert wurde, dies mit der Begründung verweigert, dass eine Offenlegung die nationale Sicherheit beeinträchtigen würde.

(6) Wird eine Person auf Grund eines Rechtshilfeersuchens des Internationalen Strafgerichtshofs vernommen, so ist sie vor der Vernehmung darüber zu belehren, dass sie die Aussage verweigern kann, um die Offenlegung vertraulicher Informationen, die die nationale Sicherheit betreffen, zu verhindern. Die erfolgte Belehrung ist im Protokoll festzuhalten. Über die Zulässigkeit der Rechtshilfe ist in einem derartigen Fall auf Grund der Bestimmungen der Abs. 2 bis 4 zu entscheiden.

Übermittlung von Aktenabschriften oder Informationen Dritter

§ 20. Ersucht der Internationale Strafgerichtshof um Rechtshilfe durch Übermittlung von Aktenabschriften (Ablichtungen) oder Informationen, die den österreichischen Behörden von einem anderen Staat oder einer zwischenstaatlichen oder internationalen Organisation unter dem Vorbehalt der Vertraulichkeit überlassen worden sind, so dürfen die Unterlagen dem Internationalen Strafgerichtshof nur mit deren Zustimmung übermittelt werden. Von der Verweigerung der Zustimmung ist der Gerichtshof in Kenntnis zu setzen.

Rechtshilfeleistung durch den Internationalen Strafgerichtshof

§ 21. (1) Ist bei einem österreichischen Gericht ein Strafverfahren wegen eines Verhaltens anhängig, das den Tatbestand eines der Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs unterliegenden Verbrechens oder eines anderen schweren Verbrechens nach österreichischem Recht erfüllt, so kann der Gerichtshof um Rechtshilfe ersucht werden.

(2) Ersuchen bedürfen der Schriftform. Den Ersuchschreiben und den zu ihrer Begründung beigefügten Unterlagen sind beglaubigte Übersetzungen in die englische oder französische Sprache anzuschließen.

(3) Die Gerichte und Staatsanwaltschaften haben an den Internationalen Strafgerichtshof gerichtete Ersuchen dem Bundesministerium für Justiz zur Weiterleitung vorzulegen.

DRITTER ABSCHNITT
Fahndung

§ 22. (1) Ersucht der Internationale Strafgerichtshof um Fahndung zur Festnahme oder erlangen die österreichischen Behörden sonst Kenntnis von einer Haftanordnung dieses Gerichtshofs, so hat das Bundesministerium für Inneres die gesuchte Person zur Verhaftung im Inland zum Zweck der Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof auszuschreiben, wenn das Ersuchen oder die Haftanordnung die notwendigen Angaben über die gesuchte Person und die ihr zur Last gelegte Tat enthält. Eine Befassung des nach § 26 Abs. 1 ARHG zuständigen Gerichts kann unterbleiben, wenn die gesuchte Person weder österreichischer Staatsbürger ist noch Grund zur Annahme besteht, dass sie sich in Österreich aufhält.

(2) Wird eine vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchte Person in Österreich ausgeforscht oder festgenommen, so hat das Bundesministerium für Inneres dies im Weg der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) dem Internationalen Strafgerichtshof mitzuteilen.

VIERTER ABSCHNITT
Überstellungshaft, Überstellung und Durchlieferung
Anbot der Überstellung

§ 23. (1) Liegen hinreichende Gründe für die Annahme vor, dass eine im Inland betretene Person eine in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallende strafbare Handlung begangen habe, bei der die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 nicht vorliegen, so hat die Staatsanwaltschaft nach Vernehmung der Person durch den Untersuchungsrichter bei diesem die Vorlage einer Sachverhaltsdarstellung an das Bundesministerium für Justiz zu beantragen.

(2) Das Bundesministerium für Justiz hat den Internationalen Strafgerichtshof zu befragen, ob die Überstellung begehrt wird. Befindet sich der Beschuldigte in Haft, so ist für das Einlangen des Überstellungsersuchens eine angemessene Frist zu bestimmen. Langt das Überstellungsersuchen nicht rechtzeitig ein, so ist dies dem Untersuchungsrichter unverzüglich mitzuteilen.

(3) Die Vorschriften über das Anbot der Auslieferung nach § 28 Abs. 1 ARHG an den Staat, in dem die strafbare Handlung begangen worden ist, bleiben unberührt.

Vorläufige Überstellungshaft

§ 24. (1) Liegt ein Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs um vorläufige Festnahme vor, so hat der Untersuchungsrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Festnahme der gesuchten Person zu veranlassen und über sie die vorläufige Überstellungshaft zu verhängen, wenn auf Grund der vom Internationalen Strafgerichtshof mitgeteilten Tatsachen hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass eine im Inland betretene Person eine in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallende strafbare Handlung begangen habe, welche die Verhängung der Untersuchungshaft (§ 180 StPO) rechtfertigen würde, wenn die strafbare Handlung im Inland begangen worden wäre.

(2) Die vorläufige Überstellungshaft darf nicht verhängt oder aufrechterhalten werden, wenn die Haftzwecke durch eine gleichzeitige Strafhaft, Untersuchungshaft oder Auslieferungshaft erreicht werden können. In diesem Fall hat der Untersuchungsrichter die Abweichungen vom Haftvollzug zu verfügen, die für die Zwecke der vorläufigen Überstellungshaft für den Internationalen Strafgerichtshof unentbehrlich sind. Im Übrigen sind auf die vorläufige Überstellungshaft die Bestimmungen der StPO über die Untersuchungshaft anzuwenden.

(3) Die vorläufige Überstellungshaft kann aufgehoben werden, wenn das Überstellungsersuchen und die beigefügten Unterlagen nicht innerhalb von 60 Tagen ab dem Zeitpunkt der Festnahme übermittelt werden. Die Enthaftung steht einer neuerlichen Festnahme und Überstellung nicht entgegen, wenn das Überstellungsersuchen und die beigefügten Unterlagen zu einem späteren Zeitpunkt übermittelt werden.

(4) Der Untersuchungsrichter hat der Sicherheitsbehörde zum Zweck der Unterrichtung des Internationalen Strafgerichtshofs im Weg der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) und dem Bundesministerium für Justiz unverzüglich Ausfertigungen der Beschlüsse über die Verhängung, Fortsetzung oder Aufhebung der vorläufigen Überstellungshaft zu übermitteln.

Vereinfachte Überstellung

§ 25. (1) Hat die auf Grund eines Ersuchens des Internationalen Strafgerichtshofs gemäß § 24 Abs. 1 in vorläufige Überstellungshaft genommene Person vor Ablauf der in § 24 Abs. 3 angeführten Frist eingewilligt, an den Internationalen Strafgerichtshof überstellt zu werden, so hat der Untersuchungsrichter, vorbehaltlich einer Anfechtung der Zulässigkeit nach § 5 Abs. 2, die Überstellung anzuordnen. Die Person ist in einem solchen Fall so bald wie möglich an den Internationalen Strafgerichtshof zu überstellen.

(2) Der Untersuchungsrichter hat die Person zu belehren, dass ihre Einwilligung nicht widerrufen werden kann. Die erfolgte Belehrung ist im Protokoll festzuhalten.

(3) Im Fall der vereinfachten Überstellung kann die Übermittlung des Überstellungsersuchens und der begleitenden Unterlagen durch den Internationalen Strafgerichtshof unterbleiben.

Überstellungshaft und Anordnung der Überstellung

§ 26. (1) Ersucht der Internationale Strafgerichtshof um Festnahme und Überstellung eines Beschuldigten, so hat der Untersuchungsrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft ein Überstellungsverfahren einzuleiten, die Festnahme des Beschuldigten zu veranlassen und über ihn die Überstellungshaft zu verhängen sowie nach Maßgabe der folgenden Absätze seine Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof anzuordnen. Die Prüfung des dem Haftbefehl zu Grunde liegenden Verdachts und der Haftgründe steht dem Untersuchungsrichter nicht zu.

(2) Ergeben sich erhebliche Zweifel an der Identität der festgenommenen Person, so hat der Untersuchungsrichter geeignete Erhebungen zu veranlassen oder den Internationalen Strafgerichtshof um die Vorlage zusätzlicher Unterlagen zu ersuchen. In jedem Fall hat der Untersuchungsrichter den Beschuldigten über die Begründung des gegen ihn ergangenen Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs und über sein Recht zu informieren, die Überstellung wegen Verletzung des in Art. 20 des Statuts festgelegten Grundsatzes "ne bis in idem" oder mangels Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs nach den Art. 17 bis 19 des Statuts anzufechten. Er ist darüber hinaus auf sein Recht hinzuweisen, bis zur Anordnung der Überstellung seine vorläufige Enthaftung zu beantragen. Dem Beschuldigten sind Abschriften (Ablichtungen) des Haftbefehls oder verurteilenden Erkenntnisses und der Bezug habenden Bestimmungen des Statuts samt der vom Internationalen Strafgerichtshof übermittelten Übersetzung auszufolgen.

(3) Erklärt der Beschuldigte, die Überstellung wegen Verletzung des Art. 20 des Statuts oder mangels Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs anzufechten, so ist dies dem Internationalen Strafgerichtshof unter Anschluss der erforderlichen Unterlagen mitzuteilen. Zugleich ist der Gerichtshof davon in Kenntnis zu setzen, ob der Anfechtung aufschiebende Wirkung zukommt.

(4) Die Entscheidung über die Überstellung ist nur im Fall einer Anfechtung der Zulässigkeit nach § 5 Abs. 2 bis zur Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs aufzuschieben. Im Fall der Anfechtung der Zuständigkeit nach den Art. 17 bis 19 des Statuts durch einen dritten Staat ist nach § 28 vorzugehen.

(5) Bis zur Anordnung der Überstellung hat der Beschuldigte das Recht, seine vorläufige Enthaftung zu beantragen. Bei der Entscheidung über einen solchen Antrag ist zu prüfen, ob ungeachtet der Schwere der zur Last gelegten Verbrechen dringende und außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine vorläufige Enthaftung rechtfertigen und ob der Zweck der Haft durch gelindere Mittel (§ 180 Abs. 5 StPO) erreicht werden kann. Einem solchen Antrag kommt aufschiebende Wirkung nicht zu.

(6) Ein Antrag nach Abs. 5 ist dem Internationalen Strafgerichtshof mit dem Bemerken mitzuteilen, dass er das Recht habe, dazu binnen sieben Tagen eine Empfehlung abzugeben. Die Empfehlung ist bei der Entscheidung über den Enthaftungsantrag zu berücksichtigen.

(7) Spricht sich der Internationale Strafgerichtshof in seiner Empfehlung oder spricht sich die Staatsanwaltschaft gegen die Enthaftung des Beschuldigten aus, so hat der Untersuchungsrichter über den Antrag unverzüglich in einer Haftverhandlung zu entscheiden.

(8) Gegen einen Beschluss, mit dem der Antrag des Beschuldigten auf vorläufige Enthaftung abgelehnt wird, steht diesem die binnen drei Tagen nach Eröffnung des Beschlusses einzubringende Beschwerde an den Gerichtshof zweiter Instanz zu. Einer solchen Beschwerde kommt aufschiebende Wirkung nicht zu.

(9) Gegen Beschlüsse auf Verhängung der Überstellungshaft und auf Anordnung der Überstellung steht nur die Beschwerde nach § 1 Abs. 1 des Grundrechtsbeschwerdegesetzes, BGBl. Nr. 864/1992, zu. Gegen einen Beschluss, mit dem das Überstellungsverfahren eingeleitet wird, steht ein Rechtsmittel nicht zu.

Übergabe an den Internationalen Strafgerichtshof

§ 27. (1) Nach Rechtskraft der Anordnung der Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof hat der Untersuchungsrichter die Sicherheitsbehörde zu beauftragen, die zu überstellende Person unverzüglich dem Internationalen Strafgerichtshof zu übergeben. Sofern keine schwerwiegenden Sicherheitsbedenken entgegenstehen oder der Internationale Strafgerichtshof nicht eine andere Art der Übergabe begehrt, ist die zu überstellende Person im Luftweg unter Eskorte österreichischer Beamter zu befördern.

(2) Der Zeitpunkt der Überstellung ist mit dem Internationalen Strafgerichtshof zu vereinbaren. Wird die Übergabe der zu überstellenden Person durch bestimmte Umstände verhindert, so ist mit dem Gerichtshof ein neuer Überstellungszeitpunkt zu vereinbaren.

(3) Der Untersuchungsrichter hat eine Ausfertigung des Beschlusses, mit dem die Überstellung angeordnet wird, dem Bundesministerium für Justiz zur Weiterleitung an den Internationalen Strafgerichtshof vorzulegen.

Vorläufige Übergabe und Widerruf der Anordnung der Überstellung

§ 28. (1) Ist gegen den Beschuldigten ein inländisches Strafverfahren anhängig oder verbüßt er im Inland eine Strafe wegen einer anderen Tat als derjenigen, derentwegen die Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof angeordnet wurde, so kann er dem Internationalen Strafgerichtshof unter den mit diesem zu vereinbarenden Bedingungen vorläufig übergeben werden.

(2) Der Untersuchungsrichter hat unverzüglich die Überstellungshaft aufzuheben und die Anordnung der Überstellung zu widerrufen, wenn

    1. der Internationale Strafgerichtshof darum ersucht oder sein Ersuchen um Überstellung sonst widerruft,

    2. festgestellt wird, dass die festgenommene Person allem Anschein nach nicht mit der gesuchten Person ident ist, oder

    3. der Internationale Strafgerichtshof seine Unzuständigkeit oder die Unzulässigkeit des Verfahrens vor diesem Gerichtshof feststellt.

Konkurrierende Ersuchen

§ 29. (1) Erhält die Republik Österreich ein Überstellungsersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs und ein Auslieferungsersuchen eines anderen Staates, die dieselbe Person betreffen, so entscheidet der Bundesminister für Justiz nach Art. 90 des Statuts, welchem Ersuchen Vorrang zukommt.

(2) Hat der Bundesminister für Justiz einem Auslieferungsersuchen eines anderen Staates den Vorrang gegenüber einem Überstellungsersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs eingeräumt, wird das Auslieferungsersuchen in der Folge aber abgelehnt oder zurückgezogen, so ist dies dem Internationalen Strafgerichtshof unverzüglich mitzuteilen.

Spezialität

§ 30. (1) Eine Person, die nach diesem Bundesgesetz an den Internationalen Strafgerichtshof überstellt wird, darf wegen einer anderen, vor der Übergabe begangenen Handlung als jener, die der Überstellung zu Grunde liegt, nicht verfolgt, in Haft genommen oder abgeurteilt werden.

(2) Auf Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs kann dieser von den in Abs. 1 enthaltenen Beschränkungen befreit werden. Vor der Entscheidung über das Ersuchen kann der Internationale Strafgerichtshof um Übermittlung eines Protokolls über die Erklärungen der überstellten Person und um zusätzliche Informationen ersucht werden.

(3) Über das Ersuchen entscheidet der Bundesminister für Justiz. Die Befreiung ist zu erteilen, wenn die dem Ersuchen zu Grunde liegende Handlung in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fällt und kein Anlass für eine Anfechtung der Zulässigkeit des Verfahrens vor dem Internationalen Strafgerichtshof nach § 5 Abs. 2 besteht.

Durchlieferung und Durchbeförderung

§ 31. (1) Auf Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs werden Personen durch Österreich durchgeliefert und zur Sicherung der Durchlieferung in Haft gehalten.

(2) Ein Ersuchen um Bewilligung der Durchlieferung ist nicht erforderlich, wenn die Person auf dem Luftweg befördert wird und eine Zwischenlandung auf österreichischem Hoheitsgebiet nicht vorgesehen ist.

(3) Im Fall einer unvorhergesehenen Zwischenlandung ist die durchzuliefernde Person festzunehmen und der Internationale Strafgerichtshof um Übermittlung eines Ersuchens um Durchlieferung unter Anschluss der in Art. 89 Abs. 3 lit. b des Statuts angeführten Unterlagen zu ersuchen.

(4) Die durchzuliefernde Person ist zu enthaften, wenn das Ersuchen um Durchlieferung nicht innerhalb von 96 Stunden eingelangt ist. Die Enthaftung steht einer neuerlichen Festnahme auf der Grundlage eines Ersuchens nach den §§ 24 Abs. 1 oder 26 Abs. 1 nicht entgegen.

(5) Über die Durchlieferung hat der Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres zu entscheiden. Die Durchlieferung ist zu bewilligen, sofern dadurch die Überstellung nicht verhindert oder verzögert wird. Ein inländischer Strafanspruch wegen einer nicht in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallenden strafbaren Handlung steht der Durchlieferung nicht entgegen. Gegen die Bewilligung der Durchlieferung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

(6) Die Abs. 1 bis 3 und 5 finden auf Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs oder eines Staates, der die Vollstreckung einer vom Gerichtshof verhängten Strafe übernommen hat, um Durchbeförderung von Personen durch das Gebiet der Republik Österreich mit der Maßgabe Anwendung, dass der Internationale Strafgerichtshof im Fall einer unvorhergesehenen Zwischenlandung um Übermittlung eines Ersuchens um Durchbeförderung unter Anschluss einer Kopie des rechtskräftigen Urteils zu ersuchen ist.

FÜNFTER ABSCHNITT
Übernahme der Vollstreckung von Freiheitsstrafen
Allgemeine Bestimmungen

§ 32. (1) Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz durch eine an den Internationalen Strafgerichtshof gerichtete Erklärung die Bereitschaft der Republik Österreich bekunden, Personen zur Vollstreckung der vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Freiheitsstrafen zu übernehmen. Die Erklärung kann hinsichtlich des Zeitraums der Übernahme zur Vollstreckung befristet und hinsichtlich der Anzahl und der Art der zu übernehmenden Personen beschränkt werden.

(2) Die vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Freiheitsstrafen werden unmittelbar vollzogen. Eine Anpassung des vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Strafe ist nicht zulässig. Auf den Vollzug sind nach Maßgabe der Anordnungen des Internationalen Strafgerichtshofs die für den Strafvollzug geltenden Bestimmungen des österreichischen Rechts mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Haftbedingungen jenen von Personen zu entsprechen haben, die in Österreich wegen vergleichbarer Taten verurteilt wurden.

(3) Die Vollstreckung der vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Freiheitsstrafen unterliegt der Aufsicht des Gerichtshofs. Auf Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs wird seinen Mitgliedern Zutritt zu den Vollzugseinrichtungen gewährt.

(4) Kommt eine vom Internationalen Strafgerichtshof verurteilte Person, die zum Strafvollzug übernommen wurde, nach österreichischem Recht für einen Strafvollzug in gelockerter Form in Betracht, der mit Arbeiten ohne Bewachung außerhalb der Justizanstalt verbunden wäre, so ist der Internationale Strafgerichtshof vor Anordnung der Arbeiten von diesem Umstand in Kenntnis zu setzen. Seine Stellungnahme ist bei der Entscheidung zu berücksichtigen.

(5) Verurteilten Personen im Sinne dieses Abschnitts ist der ungehinderte und vertrauliche schriftliche Verkehr mit dem Internationalen Strafgerichtshof zu ermöglichen.

Verfahren zur Übernahme der Strafvollstreckung

§ 33. (1) Hat der Internationale Strafgerichtshof bestimmt, dass ein Verurteilter die über ihn verhängte Freiheitsstrafe in Österreich zu verbüßen hat, und ersucht er, den Verurteilten zum Strafvollzug zu übernehmen, so ist diese Mitteilung dem Bundesminister für Justiz zuzuleiten.

(2) Der Bundesminister für Justiz darf die Übernahme einer Vollstreckung, die der Erklärung nach § 32 Abs. 1 entspricht, nur ablehnen, wenn sie unvertretbare Nachteile für die Sicherheit und die öffentliche Ordnung der Republik Österreich nach sich ziehen würde. Bei österreichischen Staatsbürgern darf die Übernahme der Vollstreckung nicht abgelehnt werden. Gegen die Entscheidung des Bundesministers für Justiz ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

(3) Die Entscheidung des Bundesministers für Justiz ist dem Internationalen Strafgerichtshof mit dem Ersuchen zu übermitteln, Ort und Zeitpunkt der Übergabe des Verurteilten den österreichischen Behörden vorzuschlagen.

(4) Flieht die verurteilte Person vor Abschluss der Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus der Haft, so hat das Vollzugsgericht (§ 16 des Strafvollzugsgesetzes) einen Haftbefehl zu erlassen und die Fahndung einzuleiten. Wird die gesuchte Person in der Folge im Ausland festgenommen, so hat das Gericht auch ohne Antrag der Staatsanwaltschaft die Verhängung der Auslieferungshaft nach § 69 ARHG zu erwirken und dem Bundesminister für Justiz die nach § 68 ARHG erforderlichen Unterlagen zu übermitteln. Der Bundesminister für Justiz hat die Auslieferung zu erwirken, sofern der ersuchte Staat nicht der Überstellung ohne Auslieferungsverfahren zustimmt oder der Internationale Strafgerichtshof nicht eine andere Entscheidung trifft.

(5) Die im ersuchten Staat oder beim Internationalen Strafgerichtshof in Haft verbrachte Zeit ist auf die zu verbüßende Freiheitsstrafe anzurechnen.

(6) Werden in Österreich Personen festgenommen, die aus dem Vollzug einer vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Freiheitsstrafe geflohen sind, so ist bei der Überstellung dieser Personen an den Staat, der die Vollstreckung übernommen hat, nach den Bestimmungen über die Überstellung von Personen an den Internationalen Strafgerichtshof vorzugehen.

Spezialität der Vollstreckung

§ 34. (1) Eine zur Vollstreckung einer vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Freiheitsstrafe übernommene Person darf in Österreich ohne Zustimmung des Internationalen Strafgerichtshofs wegen einer vor ihrer Übergabe begangenen Handlung, auf die sich das Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs nicht bezieht, weder verfolgt oder bestraft noch in ihrer persönlichen Freiheit beschränkt oder an einen dritten Staat ausgeliefert werden.

(2) Die Spezialität der Vollstreckung steht einer solchen Maßnahme nicht entgegen, wenn

    1. sich die Person nach ihrer Entlassung länger als 30 Tage auf dem Gebiet der Republik Österreich aufhält, obwohl sie es verlassen konnte und durfte;

    2. die Person das Gebiet der Republik Österreich, auf welche Weise auch immer, verlässt und freiwillig zurückkehrt oder rechtmäßig aus einem dritten Staat zurückgebracht wird; oder

    3. der Internationale Strafgerichtshof auf die Einhaltung der Spezialität verzichtet.

Berichte über den Strafvollzug

§ 35. Die Justizanstalt, in der der Strafgefangene die vom Internationalen Strafgerichtshof verhängte Freiheitsstrafe verbüßt, hat dem Bundesministerium für Justiz zumindest einmal jährlich und nach Abschluss der Vollstreckung einen Führungs- und Gesundheitsbericht vorzulegen. Dem Bundesministerium für Justiz ist umgehend zu berichten, wenn der Strafgefangene vor Abschluss der Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus der Haft geflohen ist oder wenn die Vollstreckung aus sonstigen Gründen nicht mehr möglich ist. Solche Berichte sind dem Internationalen Strafgerichtshof unverzüglich zur Kenntnis zu bringen.

Beachte für folgende Bestimmung

Abs. 1: Verfassungsbestimmung

Bedingte Entlassung und Begnadigung

§ 36. (1) (Verfassungsbestimmung) Über die bedingte Entlassung, eine Begnadigung oder die Herabsetzung der Strafe eines vom Internationalen Strafgerichtshof Verurteilten entscheidet der Internationale Strafgerichtshof.

(2) Stellt die verurteilte Person einen Antrag auf bedingte Entlassung, Begnadigung oder Herabsetzung der Strafe, so ist dieser dem Bundesministerium für Justiz zur Weiterleitung an den Internationalen Strafgerichtshof vorzulegen.

(3) Umstände, die für eine bedingte Entlassung, Begnadigung oder Herabsetzung der Strafe sprechen, sind dem Internationalen Strafgerichtshof von Amts wegen mitzuteilen.

Übertragung der Strafvollstreckung an einen anderen Staat

§ 37. (1) Einem Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs auf Überstellung des Strafgefangenen in einen anderen Staat zur Fortsetzung der Strafvollstreckung ist umgehend zu entsprechen.

(2) Ersucht ein Strafgefangener um Vollstreckung der über ihn vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Freiheitsstrafe in einem anderen Staat, so ist sein Ansuchen dem Internationalen Strafgerichtshof zuzuleiten.

Beendigung des Strafvollzuges

§ 38. (1) Teilt der Internationale Strafgerichtshof mit, dass die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zu beenden ist, so ist der Strafgefangene umgehend freizulassen oder der für die Vollziehung fremdenrechtlicher Vorschriften zuständigen Behörde zu übergeben, sofern nicht ein inländisches Strafverfahren oder ein Auslieferungsverfahren anhängig ist oder Anlass besteht, ein solches Verfahren einzuleiten.

(2) Die Verfolgung, Bestrafung oder Auslieferung wegen einer vor der Übernahme der Strafvollstreckung begangenen Handlung ist nur nach Maßgabe des § 34 zulässig.

Kosten

§ 39. (1) Die gewöhnlichen Kosten des Strafvollzugs sind von Österreich zu tragen.

(2) Andere Kosten einschließlich der Kosten der Überstellung des Verurteilten vom oder zum Gerichtshof oder aus einem oder in einen anderen Vollstreckungsstaat sowie der Kosten eines vom Internationalen Strafgerichtshof begehrten Sachverständigengutachtens sind vom Internationalen Strafgerichtshof zu tragen.

Vollstreckung von Freiheitsstrafen wegen Straftaten gegen die Rechtspflege

§ 40. Auf die Vollstreckung von Freiheitsstrafen, die vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Straftaten gegen die Rechtspflege nach Art. 70 des Statuts verhängt wurden, findet dieses Bundesgesetz mit Ausnahme der Bestimmungen der §§ 32 Abs. 1 und 5, 33 Abs. 1 bis 5 und 39 keine Anwendung. Das Verfahren richtet sich nach den §§ 65 bis 67 ARHG.

SECHSTER ABSCHNITT
Übernahme der Vollstreckung von Geldstrafen und vermögensrechtlichen
Anordnungen

§ 41. (1) Einem Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs um Vollstreckung einer Entscheidung, mit der eine Geldstrafe verhängt oder eine vermögensrechtliche Anordnung ausgesprochen wurde, ist durch das zuständige Gericht zu entsprechen, wenn die Einbringung der Geldstrafe im Inland zu erwarten ist oder wenn sich die von der Entscheidung erfassten Gegenstände oder Vermögenswerte im Inland befinden. Vor der Bewilligung der Vollstreckung sind der zur Zahlung der Geldstrafe Verurteilte und Personen, die Rechte an den Gegenständen oder Vermögenswerten behaupten, zu hören. Von der Anhörung des Verurteilten kann abgesehen werden, wenn er unerreichbar ist.

(2) Über das Ersuchen um Vollstreckung einer Geldstrafe entscheidet der im § 26 Abs. 1 ARHG bezeichnete Gerichtshof erster Instanz, über das Ersuchen um Vollstreckung einer vermögensrechtlichen Anordnung jedoch der Gerichtshof erster Instanz, in dessen Sprengel sich der Vermögenswert oder Gegenstand befindet, jeweils durch einen Senat von drei Richtern (§ 13 Abs. 3 StPO) mit Beschluss. Eine Anpassung der vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Geldstrafe oder vermögensrechtlichen Anordnung ist nicht zulässig. Gegen den Beschluss steht der Staatsanwaltschaft und dem Betroffenen die binnen 14 Tagen einzubringende Beschwerde an den Gerichtshof zweiter Instanz offen.

(3) Eine vom Internationalen Strafgerichtshof verhängte Geldstrafe wird in Euro vollstreckt. Ist die Höhe der zu vollstreckenden Geldstrafe in einer anderen Währung als Euro angegeben, so ist für die Umrechnung der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs geltende amtliche Devisenkurs maßgebend.

(4) Alle vom Internationalen Strafgerichtshof gewährten Erleichterungen in Bezug auf den Zahlungstermin verhängter Geldstrafen oder deren Entrichtung in Teilbeträgen werden berücksichtigt.

(5) Erweist sich die Vollstreckung einer vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Geldstrafe ganz oder teilweise als unmöglich, so ist der Internationale Strafgerichtshof von diesem Umstand in Kenntnis zu setzen.

(6) Wenn der Internationale Strafgerichtshof wegen Uneinbringlichkeit der verhängten Geldstrafe über die verurteilte Person eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und die Republik Österreich um deren Vollstreckung ersucht, finden die Bestimmungen der §§ 32 bis 39 Anwendung.

(7) Erweist sich die Vollstreckung einer vom Internationalen Strafgerichtshof ausgesprochenen vermögensrechtlichen Anordnung als unmöglich, so sind nach Maßgabe des § 19 Abs. 1 bis 4 FinStrG Maßnahmen zur Eintreibung des Gegenwerts der Gegenstände oder Vermögenswerte zu treffen.

(8) Der Erlös aus der Vollstreckung von Geldstrafen und vermögensrechtlichen Anordnungen ist, vorbehaltlich der Bestimmung des Abs. 9, an den Internationalen Strafgerichtshof zu überweisen.

(9) Geldbeträge, Gegenstände oder sonstige Vermögenswerte können in der Republik Österreich zurückbehalten werden, wenn

    1. die geschädigte Person ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat und sie ihr auszufolgen sind;

    2. eine Behörde Rechte an diesen geltend macht;

    3. eine an der strafbaren Handlung nicht beteiligte Person Rechte daran behauptet; oder

    4. sie für ein in Österreich anhängiges Strafverfahren benötigt werden.

(10) Macht eine Person Ansprüche nach Abs. 9 geltend, so kommt eine Ausfolgung der Geldbeträge oder Gegenstände nur im Einvernehmen mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Betracht.

(11) Die Bestimmungen dieses Abschnitts finden auch auf die Vollstreckung von Geldstrafen Anwendung, die vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Straftaten gegen die Rechtspflege nach Artikel 70 des Statuts verhängt wurden.

Übernahme der Vollstreckung von Wiedergutmachungsanordnungen

§ 42. (1) Die Vollstreckung der Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs, mit der eine Wiedergutmachungsanordnung, die auf die Zahlung einer Geldsumme gerichtet ist, rechtskräftig ausgesprochen worden ist, ist auf Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs zulässig, wenn die Einbringung im Inland zu erwarten ist.

(2) Die Vollstreckung richtet sich nach § 41.

(3) Rechtskräftige Entscheidungen des Internationalen Strafgerichtshofs auf Rückstellung von Eigentum oder Erträgen aus strafbaren Handlungen gelten als Erkenntnisse auswärtiger Gerichte, die die Bedingungen des § 79 Abs. 2 der Exekutionsordnung erfüllen.

SIEBENTER ABSCHNITT
Wirkung der Entscheidungen des Internationalen Strafgerichtshofs

§ 43. Ein rechtskräftiges Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs begründet in Verfahren vor den österreichischen Gerichten wegen Schadenersatzes des Opfers gegenüber dem Verurteilten den vollen Beweis dessen, was darin auf Grund eines Beweisverfahrens festgestellt wird. Der Beweis der Unrichtigkeit der Feststellungen ist zulässig.

ACHTER ABSCHNITT
Übernahme der Strafverfolgung wegen Straftaten gegen die Rechtspflege

§ 44. (1) Auf Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs kann die Verfolgung der in Art. 70 Abs. 1 des Statuts angeführten Straftaten gegen die Rechtspflege des Gerichtshofs übernommen werden, die auf österreichischem Hoheitsgebiet oder von österreichischen Staatsbürgern begangen wurden.

(2) Bei der Beurteilung dieser Straftaten ist so vorzugehen, als ob es sich beim Internationalen Strafgerichtshof um ein österreichisches Gericht und bei seinen Bediensteten um österreichische Beamte handelt.

(3) § 60 ARHG ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die in dieser Bestimmung enthaltenen Verweise auf den ersuchenden Staat als solche auf den Internationalen Strafgerichtshof zu verstehen sind.

Dritter Teil
In-Kraft-Treten und Schlussbestimmungen

§ 45. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Oktober 2002 in Kraft.

(2) In diesem Bundesgesetz enthaltene Verweisungen auf andere Rechtsvorschriften des Bundes sind als Verweisung auf die jeweils geltende Fassung zu verstehen.

(3) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind die Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten, für Justiz und für Inneres - je nach ihrem Wirkungsbereich - betraut.


[Federal Gazette Reference: Bundesgesetzblatt Für Die Republik Österreich, Ausgegeben am 13. August 2002, Teil I, 135. Bundesgesetz: Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof (NR: GP XXI RV 1168 AB 1214 S. 110. BR: 6696 AB 6739 S. 690.), pp. 1423-1436]

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