Crime of Aggression
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31Aug12


Entwurf eines Gesetzes zu den Änderungen vom 10. und 11. Juni 2010 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs


Bundesrat

Drucksache 522/12
31. 08. 12
AA - In - R

Gesetzentwurf
der Bundesregierung

Entwurf eines Gesetzes
zu den Änderungen vom 10. und 11. Juni 2010
des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs
vom 17. Juli 1998

A. Problem und Ziel

Die auf der Überprüfungskonferenz in Kampala von den Vertragsstaaten des Römischen Statuts angenommenen Änderungen des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (BGBl. 2000 II S. 1393, 1394) schließen mit der Normierung des Aggressionstatbestandes eine wesentliche Lücke der völkerrechtlichen Strafbarkeit. Durch die Änderung des Artikels 8 Absatz 2 Buchstabe e des Römischen Statuts in Bezug auf Kriegsverbrechen wird außerdem der Einsatz bestimmter Waffen und Geschosse, der bereits im Fall ihrer Verwendung in internationalen bewaffneten Konflikten ein Kriegsverbrechen darstellt, im Einklang mit dem Völkergewohnheitsrecht und dem deutschen Völkerstrafgesetzbuch auch im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt unter Strafe gestellt.

B. Lösung

Durch den vorliegenden Gesetzentwurf sollen die Voraussetzungen nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Ratifikation der am 10. und 11. Juni 2010 verabschiedeten Änderungen des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs geschaffen werden.

Fristablauf: 12. 10. 12

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Durch die Ausführung des Gesetzes entstehen keine unmittelbaren zusätzlichen Kosten für Bund, Länder und Kommunen.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Es werden keine Vorgaben oder Informationspflichten für Bürgerinnen und Bürger eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Es werden keine Vorgaben oder Informationspflichten für Unternehmen eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Es entsteht kein Erfüllungsaufwand für die Verwaltung.

F. Weitere Kosten

Kosten für die Wirtschaft und soziale Sicherungssysteme entstehen nicht.


Bundesrat

Drucksache 522/12
31. 08. 12
AA - In -R

Gesetzentwurf
der Bundesregierung

Entwurf eines Gesetzes
zu den Änderungen vom 10. und 11. Juni 2010
des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs
vom 17. Juli 1998

Bundesrepublik Deutschland
    Die Bundeskanzlerin
Berlin, den 31. August 2012

An den
Präsidenten des Bundesrates

Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen

    Entwurf eines Gesetzes zu den Änderungen vom 10. und 11. Juni 2010 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998

mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Auswärtige Amt.

Dr. Angela Merkel

Fristablauf: 12. 10. 12


Entwurf

Gesetz
zu den Änderungen vom 10. und 11. Juni 2010 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs
vom 17. Juli 1998

Vom

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Den folgenden von der Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts in Kampala mit Resolutionen vom 10. und 11. Juni 2010 angenommenen Änderungen des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 (BGBl. 2000 II S. 1393, 1394) wird zugestimmt:

    1. Resolution RC/Res.5 vom 10. Juni 2010 - Änderungen des Artikels 8 des Römischen Statuts - mit Anlage I,

    2. Resolution RC/Res.6 vom 11. Juni 2010 - Das Verbrechen der Aggression -mit Anlage I.

Die Resolutionen werden nachstehend mit einer amtlichen deutschen Übersetzung veröffentlicht.

Artikel 2

(1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

(2) Der Tag, an dem die Änderungen nach Artikel 1 nach Artikel 121 Absatz 5 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs jeweils für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft treten, ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.


Begründung zum Vertragsgesetz

Vorbemerkung

Mit diesem Gesetz soll die verfassungsmäßig gebotene Zustimmung des Gesetzgebers zu den auf der ersten Überprüfungskonferenz in Kampala am 10. und 11. Juni 2010 beschlossenen Änderungen des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs eingeholt werden. Im Zusammenhang mit diesem Gesetz besteht keine völkerrechtliche Verpflichtung zur Anpassung des nationalen Strafrechts. Die Bundesregierung wird jedoch, insofern insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Komplementarität angezeigt, die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das nationale Strafrecht angepasst wird.

Zu Artikel 1

Auf die Änderungen des Artikels 8 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 und auf die Änderungen des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Bezug auf das Verbrechen der Aggression findet Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes Anwendung, da die Änderungen sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen.

Zu Artikel 2

Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.

Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, zu dem die Änderungen nach Artikel 121 Absatz 5 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 jeweils für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft treten, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.

Schlussbemerkung

Bund, Länder und Gemeinden werden durch die Ausführung des Gesetzes mit keinen Kosten belastet. Auswirkungen auf die Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten. Kosten für die Wirtschaft, insbesondere für mittelständische Unternehmen, entstehen durch die Ausführung des Gesetzes nicht. Es entstehen keine Mehrausgaben für öffentliche Haushalte. Das Gesetz sieht keine Rechts- oder Verwaltungsvereinfachung vor. Geltende Vorschriften werden nicht vereinfacht oder entbehrlich. Das Gesetz ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.


Resolution RC/Res.5
Auf der 12. Plenarsitzung am 10. Juni 2010 im Konsens angenommen
RC/Res.5
Änderungen
des Artikels 8 des Römischen Statuts

Resolution RC/Res.5
Adopted at the 12th plenary meeting, on 10 June 2010, by consensus
RC/Res.5
Amendments
to article 8 of the Rome Statute

Resolution RC/Res.5
Adoptee à la douzieme séance plénière, le 10 juin 2010, par consensus
RC/Res.5
Amendements
à l'article 8 du Statut de Rome

The Review Conference, La Conférence de révision, (Übersetzung)
Die Überprüfungskonferenz,
Noting article 123, paragraph 1, of the Rome Statute of the International Criminal Court which requests the Secretary-General of the United Nations to convene a Review Conference to consider any amendments to the Statute seven years after its entry into force, Notant que le paragraphe 1 de l'article 123 du Statut de Rome de la Cour pénale internationale demande au Secrétaire général de l'Organisation des Nations Unies de convoquer une conférence de révision pour examiner tout amendement au Statut, sept ans après son entrée en vigueur, in Anbetracht des Artikels 123 Absatz 1 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs, in dem der Generalsekretär der Vereinten Nationen ersucht wird, sieben Jahre nach Inkrafttreten des Statuts eine Überprüfungskonferenz zur Prüfung etwaiger Änderungen des Statuts einzuberufen,
Noting article 121, paragraph 5, of the Statute which states that any amendment to articles 5, 6, 7 and 8 of the Statute shall enter into force for those States Parties which have accepted the amendment one year after the deposit of their instruments of ratification or acceptance and that in respect of a State Party which has not accepted the amendment, the Court shall not exercise its jurisdiction regarding the crime covered by the amendment when commit-ted by that State Party's nationals or on its territory, and confirming its understanding that in respect to this amendment the same principle that applies in respect of a State Party which has not accepted the amendment applies also in respect of States that are not parties to the Statute, Notant le paragraphe 5 de l'article 121 du Statut qui stipule qu'un amendement aux articles 5, 6, 7 et 8 du Statut entre en vigueur à l'égard des États Parties qui l'ont accepté un an après le dépôt de leurs instruments de ratification ou d'acceptation et que la Cour n'exerce pas sa compétence à l'égard d'un crime faisant l'objet de cet amendement lorsque ce crime a été commis par un ressortissant d'un État Partie qui n'a pas accepté l'amendement ou sur le territoire de cet État, et confirmant qu'il est entendu que, en ce qui concerne cet amendement, le même principe qui s'applique à l'egard d'un État Partie qui n'a pas accepté l'amendement s'applique également à l'égard des États non parties au Statut, in Anbetracht des Artikels 121 Absatz 5 des Statuts, in dem es heißt, dass eine Änderung der Artikel 5, 6, 7 und 8 des Statuts für die Vertragsstaaten, welche die Änderung angenommen haben, ein Jahr nach Hinterlegung ihrer Ratifikations- oder Annahmeurkunde in Kraft tritt und dass der Gerichtshof seine Gerichtsbarkeit über ein von der Änderung erfasstes Verbrechen hinsichtlich eines Vertragsstaats, der die Änderung nicht angenommen hat, nicht ausübt, wenn das Verbrechen von Staatsangehörigen des betreffenden Vertragsstaats oder in dessen Hoheitsgebiet begangen wurde, und ihr Verständnis bestätigend, dass in Bezug auf diese Änderung derselbe Grundsatz, der für einen Vertragsstaat gilt, der die Änderung nicht angenommen hat, auch für Staaten gilt, die nicht Vertragspartei des Statuts sind,
Confirming that, in light of the provision of article 40, paragraph 5, of the Vienna Convention on the Law of Treaties, States that subsequently become States Parties to the Statute will be allowed to decide whether to accept the amendment contained in this resolution at the time of ratification, acceptance or approval of, or accession to the Statute, Confirmant que, à la lumiere du paragraphe 5 de l'article 40 de la Convention de Vienne sur le droit des traités, les États qui deviennent subséquemment États Parties au Statut auront le droit de décider d'accepter ou non l'amendement énoncé dans cette résolution au moment de leur ratification, acceptation ou approbation ou au moment de leur adhñesion au Statut, bestätigend, dass im Lichte des Artikels 40 Absatz 5 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge Staaten, die später Vertragsstaat des Statuts werden, entscheiden können, ob sie die in dieser Resolution enthaltene Änderung zum Zeitpunkt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung des Statuts oder des Beitritts dazu annehmen,
Noting article 9 of the Statute on the Elements of Crimes which states that such Elements shall assist the Court in the interpretation and application of the provisions of the crimes within its jurisdiction, Notant que l'article 9 du Statut sur les éléments des crimes stipule que ces éléments aident la Cour à interpréter et appliquer les dispositions des crimes qui relèvent de sa compétence, in Anbetracht des Artikels 9 des Statuts über die „Verbrechenselemente", in dem es heißt, dass die Elemente dem Gerichtshof bei der Auslegung und Anwendung der Bestimmungen in Bezug auf die seiner Gerichtsbarkeit unterliegenden Verbrechen helfen,
Taking due account of the fact that the crimes of employing poison or poisoned weapons; of employing asphyxiating, poisonous or other gases, and all analogous liquids, materials or devices; and of employing bullets which expand or flatten easily in the human body, such as bullets with a hard envelope which does not entirely cover the core or is pierced with incisions, already fall within the jurisdiction of the Court under article 8, paragraph 2 (b), as serious violations of the laws and customs applicable in international armed conflict, Tenant dûment compte du fait que les crimes consistant en le fait d'employer du poison ou des armes empoisonnées ; le fait d'employer des gaz asphyxiants, toxiques ou similaires, ainsi que tous liquides, matières ou procédés analogues; et le fait d'utiliser des balles qui s'épanouissent ou s'aplatissent facilement dans le corps humain, telles que des balles dont l'enveloppe dure ne recouvre pas entièrement le centre ou est percée d'entailles, relevent déjà de la compétence de la Cour, en vertu du paragraphe 2, b) de l'article 8, en tant que violations graves des lois et coutumes applicables aux conflits armés internationaux, unter gebührender Berücksichtigung dessen, dass die Verbrechen der Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen, der Verwendung erstickender, giftiger oder gleichartiger Gase sowie aller ähnlichen Flüssigkeiten, Stoffe oder Vorrichtungen und der Verwendung von Geschossen, die sich im Körper des Menschen leicht ausdehnen oder flachdrücken, beispielsweise Geschosse mit einem harten Mantel, der den Kern nicht ganz umschließt oder mit Einschnitten versehen ist, als schwere Verstöße gegen die in einem internationalen bewaffneten Konflikt anwendbaren Gesetze und Gebräuche nach Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe b bereits der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegen,
Noting the relevant elements of the crimes within the Elements of Crimes already adopted by the Assembly of States Parties on 9 September 2000, Notant les éléments des crimes pertinents parmi les Éléments des crimes déjà adoptés par l'Assemblée des États Parties le 9 septembre 2000, in Anbetracht der relevanten Elemente der Verbrechen innerhalb der „Verbrechenselemente", die bereits am 9. September 2000 von der Versammlung der Vertragsstaaten angenommen wurden,
Considering that the abovementioned relevant elements of the crimes can also help in their interpretation and application in armed conflict not of an international character, in that inter alia they specify that the conduct took place in the context of and was associated with an armed conflict, which consequently confirm the exclusion from the Court's jurisdiction of law enforcement situations, Considérant que l'interprétation et l'application des éléments des crimes pertinent susmentionnés peuvent également aider, dans le cadre de conflits armés ne présentant pas un caractère international, en ce qu'ils précisent, entre autres, que le comportement a eu lieu dans le contexte d'un conflit armé et etait associé à celui-ci, ce qui confirme en conséquence l'exclusion de la compétence de la Cour à l'égard des situations de maintien de l'ordre public, in der Erwägung, dass die genannten relevanten Elemente der Verbrechen auch bei der Auslegung und Anwendung in bewaffneten Konflikten, die keinen internationalen Charakter haben, helfen können, da sie unter anderem präzisieren, dass das Verhalten im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt stattfand und mit diesem verbunden war, wodurch somit bestätigt wird, dass Situationen im Zusammenhang mit der Wahrung der öffentlichen Sicherheit von der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs ausgeschlossen sind,
Considering that the crimes referred to in article 8, paragraph 2 (e) (xiii) (employing poison or poisoned weapons) and in article 8, paragraph 2 (e) (xiv) (asphyxiating, poisonous or other gases, and all analogous liquids, materials and devices) are serious violations of the laws and customs applicable in armed conflict not of an international character, as reflected in customary international law, Considérant que les crimes visés au paragraphe 2, e), xiii) de l'article 8 (le fait d'employer du poison ou des armes empoisonnées) et au paragraphe 2, e), xiv) de l'article 8 (le fait d'employer des gaz asphyxiants, toxiques ou similaires, ainsi que tous liquides, matières ou procédés analogues) constituent des violations graves des lois et coutumes applicables aux conflits armés ne présentant pas un caractère international, conformément au droit coutumier international, in der Erwägung, dass die in Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe e Ziffer xiii (Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen) und in Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe e Ziffer xiv (Verwendung erstickender, giftiger oder gleichartiger Gase sowie aller ähnlichen Flüssigkeiten, Stoffe oder Vorrichtungen) genannten Verbrechen schwere Verstöße gegen die Gesetze und Gebräuche darstellen, die in einem bewaffneten Konflikt anwendbar sind, der keinen internationalen Charakter hat, wie sich aus dem Völkergewohnheitsrecht ergibt,
Considering that the crime referred to in article 8, paragraph 2 (e) (xv) (employing bullets which expand or flatten easily in the human body), is also a serious violation of the laws and customs applicable in armed conflict not of an international character, and understanding that the crime is committed only if the perpetrator employs the bullets to uselessly aggravate suffering or the wounding effect upon the target of such bullets, as reflected in customary international law, Considérant que le crime visé au paragraphe 2, e), xv) de l'article 8 (le fait d'utiliser des balles qui s'épanouissent ou s'aplatissent facilement dans le corps humain) constitue également une violation grave des lois et coutumes applicables aux conflits armés ne présentant pas un caractère international, et étant entendu que l'acte ne constitue un crime que lorsque l'auteur utilise les balles pour aggraver inutilement les souffrances ou les blessures infligées à la personne visée, conformément au droit coutumier international, in der Erwägung, dass das in Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe e Ziffer xv (Verwendung von Geschossen, die sich im Körper des Menschen leicht ausdehnen oder flachdrücken) genannte Verbrechen ebenfalls einen schweren Verstoß gegen die Gesetze und Gebräuche darstellt, die in einem bewaffneten Konflikt anwendbar sind, der keinen internationalen Charakter hat, und in dem Verständnis, dass nur dann ein Verbrechen vorliegt, wenn der Täter die Geschosse verwendet, um das Leiden oder die Verletzungswirkung bei der Person, die Ziel dieser Geschosse ist, unnötig zu verstärken, wie sich aus dem Völkergewohnheitsrecht ergibt,
1. Decides to adopt the amendment to article 8, paragraph 2 (e), of the Rome Statute of the International Criminal Court contained in annex I to the present resolution, which is subject to ratification or acceptance and shall enter into force in accordance with article 121, paragraph 5, of the Statute; 1. Décide d'adopter l'amendement au paragraphe 2, e) de l'article 8 du Statut de Rome de la Cour pénale internationale contenu dans l'annexe I à la présente resolution, qui est soumis à ratification ou acceptation, et entrera en vigueur conformément au paragraphe 5 de l'article 121 du Statut; 1. beschließt, die in Anlage I dieser Resolution enthaltene Änderung des Artikels 8 Absatz 2 Buchstabe e des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs anzunehmen, die der Ratifikation oder Annahme bedarf und die gemäß Artikel 121 Absatz 5 des Statuts in Kraft tritt;
2. Decides to adopt the relevant elements to be added to the Elements of Crimes, as contained in annex II to the present resolution. 2. Décide d'adopter les éléments pertinents qui doivent être ajoutés aux Éléments des crimes, tels que contenus dans l'annexe II à la presente résolution. 2. beschließt, die in Anlage II |*| dieser Resolution enthaltenen, den „Verbrechenselementen" anzufügenden relevanten Elemente anzunehmen.

* Anmerkung: Die Anlage II der Resolution RC/Res. 5 wird nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Anlage I
Änderung des Artikels 8

Annex I
Amendment to article 8

Annexe I
Amendement à l'article 8

Add to article 8, paragraph 2 (e), the following: Ajouter au paragraphe 2, e) de l'article 8 les points suivants: (Übersetzung)
In Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe e wird Folgendes angefügt:
"(xiii) Employing poison or poisoned weapons;

(xiv) Employing asphyxiating, poisonous or other gases, and all analogous liquids, materials or devices;

(xv) Employing bullets which expand or flatten easily in the human body, such as bullets with a hard envelope which does not entirely cover the core or is pierced with incisions."

«xiii) Le fait d'employer du poison ou des armes empoisonnées;

xiv) Le fait d'employer des gaz asphyxiants, toxiques ou similaires, ainsi que tous liquides, matières ou procédés analogues;

xv) Le fait d'utiliser des balles qui s'épanouissent ou s'aplatissent facilement dans le corps humain, telles que des balles dont l'enveloppe dure ne recouvre pas entièrement le centre ou est percée d'entailles.»

„xiii) die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen;

xiv) die Verwendung erstickender, giftiger oder gleichartiger Gase sowie aller ähnlichen Flüssigkeiten, Stoffe oder Vorrichtungen;

xv) die Verwendung von Geschossen, die sich im Körper des Menschen leicht ausdehnen oder flachdrücken, beispielsweise Geschosse mit einem harten Mantel, der den Kern nicht ganz umschließt oder mit Einschnitten versehen ist;"


Resolution RC/Res.6
Auf der 13. Plenarsitzung am 11. Juni 2010 im Konsens angenommen
RC/Res.6
Das Verbrechen der Aggression

Resolution RC/Res.6
Adopted at the 13th plenary meeting, on 11 June 2010, by consensus
RC/Res.6
The crime of aggression

Résolution RC/Res.6
Adoptée à la treizième séance plénière, le 11 juin 2010, par consensus
RC/Res.6
Le crime d'agression

The Review Conference, La Conférence de révision, (Übersetzung)
Die Überprüfungskonferenz,
Recalling paragraph 1 of article 12 of the Rome Statute, Rappelant le paragraphe 1 de l'article 12 du Statut de Rome, unter Hinweis auf Artikel 12 Absatz 1 des Römischen Statuts,
Recalling paragraph 2 of article 5 of the Rome Statute, Rappelant le paragraphe 2 de l'article 5 du Statut de Rome, unter Hinweis auf Artikel 5 Absatz 2 des Römischen Statuts,
Recalling also paragraph 7 of resolution F, adopted by the United Nations Diplomatic Conference of Plenipotentiaries on the Establishment of an International Criminal Court on 17 July 1998, Rappelant également le paragraphe 7 de la résolution F, adoptée le 17 juillet 1998 par la Conférence diplomatique de plénipotentiaires des Nations Unies sur la création d'une Cour criminelle internationale, außerdem unter Hinweis auf Ziffer 7 der Resolution F, die am 17. Juli 1998 von der Diplomatischen Bevollmächtigtenkonferenz der Vereinten Nationen zur Errichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs angenommen wurde,
Recalling further resolution ICC-ASP/1/ Res.1 on the continuity of work in respect of the crime of aggression, and expressing its appreciation to the Special Working Group on the Crime of Aggression for having elaborated proposals on a provision on the crime of aggression, Rappelant en outre la résolution ICC-ASP/1/Res.1 relative à la poursuite des travaux concernant le crime d'agression et exprimant ses remerciements au Groupe de travail spécial sur le crime d'agression pour avoir élaboré des propositions concernant une disposition relative au crime d'agression, ferner unter Hinweis auf die Resolution ICC-ASP/1/Res.1 über die Kontinuität der Arbeiten zum Verbrechen der Aggression und mit dem Ausdruck ihres Dankes an die Sonderarbeitsgruppe zum Verbrechen der Aggression für die Ausarbeitung von Vorschlägen für eine Bestimmung über das Verbrechen der Aggression,
Taking note of resolution ICC-ASP/8/ Res.6, by which the Assembly of States Parties forwarded proposals on a provision on the crime of aggression to the Review Conference for its consideration, Prenant note de la résolution ICC-ASP/8/Res.6, par laquelle l'Assemblée des États Parties a transmis à la Conférence de révision pour examen une disposition relative au crime d'agression, Kenntnis nehmend von der Resolution ICC-ASP/8/Res.6, mit der die Versammlung der Vertragsstaaten der Überprüfungskonferenz Vorschläge für eine Bestimmung über das Verbrechen der Aggression zur Behandlung übermittelte,
Resolved to activate the Court's jurisdiction over the crime of aggression as early as possible, Resolue à déclencher la compétence de la Cour à l'égard du crime d'agression aussitôt que possible, entschlossen, die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs über das Verbrechen der Aggression möglichst bald zu aktivieren,
1. Decides to adopt, in accordance with article 5, paragraph 2, of the Rome Statute of the International Criminal Court (hereinafter: "the Statute") the amendments to the Statute contained in annex I of the present resolution, which are subject to ratification or acceptance and shall enter into force in accordance with article 121, paragraph 5; and notes that any State Party may lodge a declaration referred to in article 15bis prior to ratification or acceptance; 1. Décide d'adopter, conformément à l'article 5, paragraphe 2, du Statut de Rome de la Cour pénale internationale (ci-après dénommé le «Statut») les amendements au Statut figurant à l'annexe I de la présente résolution, qui sont sujets à ratification ou à acceptation et entreront en vigueur conformément à l'article 121, paragraphe 5; et note que tout État Partie peut déposer une declaration prévue à l'article 15bis avant ratification ou acceptation; 1. beschließt, im Einklang mit Artikel 5 Absatz 2 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (im Folgenden „Statut") die in Anlage I dieser Resolution enthaltenen Änderungen des Statuts anzunehmen, die der Ratifikation oder Annahme bedürfen und die gemäß Artikel 121 Absatz 5 in Kraft treten, und stellt fest, dass jeder Vertragsstaat vor der Ratifikation oder Annahme eine Erklärung nach Artikel 15bis hinterlegen kann;
2. Also decides to adopt the amendments to the Elements of Crimes contained in annex II of the present resolution; 2. Décide également d'adopter les amendements aux Éléments des crimes figurant à l'annexe II à la présente résolution; 2. beschließt außerdem, die in Anlage II |*| dieser Resolution enthaltenen Änderungen der „Verbrechenselemente" anzunehmen;
3. Also decides to adopt the understandings regarding the interpretation of the abovementioned amendments contained in annex III of the present resolution; 3. Décide également d'adopter les éléments d'interprétation des amendements susmentionnés figurant à l'annexe III de la présente résolution; 3. beschließt außerdem, die in Anlage III |*| dieser Resolution enthaltenen vereinbarten Auslegungen betreffend die genannten Änderungen anzunehmen;
4. Further decides to review the amendments on the crime of aggression seven years after the beginning of the Court's exercise of jurisdiction; 4. Décide en outre de réexaminer les amendements relatifs au crime d'agression sept ans après le commencement par la Cour de l'exercice de sa compétence; 4. beschließt ferner, die Änderungen in Bezug auf das Verbrechen der Aggression sieben Jahre nach Beginn der Ausübung der Gerichtsbarkeit durch den Gerichtshof zu überprüfen;
5. Calls upon all States Parties to ratify or accept the amendments contained in annex I. 5. Demande à tous les États Parties de ratifier ou d'accepter les amendements figurant à l'annexe I. 5. fordert alle Vertragsstaaten auf, die in Anlage I enthaltenen Änderungen zu ratifizieren oder anzunehmen.
*. Anmerkung: Die Anlagen II und III der Resolution RC/Res.6 werden nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Anlage I
Änderungen
des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Bezug auf das Verbrechen der Aggression

Annex I
Amendments
to the Rome Statute of the International Criminal Court on the crime of aggression

Annexe I
Amendements
au Statut de Rome de la Cour penale internationale relatifs au crime d'agression

1. Article 5, paragraph 2, of the Statute is deleted. 1. Supprimer le paragraphe 2 de l'article 5. (Übersetzung)
1. Artikel 5 Absatz 2 des Statuts wird aufgehoben.
2. The following text is inserted after article 8 of the Statute: 2. Ajouter apres l'article 8 le texte qui suit: 2. Nach Artikel 8 des Statuts wird folgender Wortlaut eingefügt:

Article 8bis
Crime of aggression

Article 8bis
Crime d'agression

Artikel 8bis
Verbrechen der Aggression
1. For the purpose of this Statute, "crime of aggression" means the planning, preparation, initiation or execution, by a person in a position effectively to exercise control over or to direct the political or military action of a State, of an act of aggression which, by its character, gravity and scale, constitutes a manifest violation of the Charter of the United Nations. 1. Aux fins du présent Statut, on entend par «crime d'agression» la planification, la préparation, le lancement ou l'exécution par une personne effectivement en mesure de contrôler ou de diriger l'action politique ou militaire d'un État, d'un acte d'agression qui, par sa nature, sa gravité et son ampleur, constitue une violation manifeste de la Charte des Nations Unies. (1) Im Sinne dieses Statuts bedeutet „Verbrechen der Aggression" die Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Ausführung einer Angriffshandlung, die ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen darstellt, durch eine Person, die tatsächlich in der Lage ist, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder zu lenken.
2. For the purpose of paragraph 1, "act of aggression" means the use of armed force by a State against the sovereignty, territorial integrity or political independence of another State, or in any other manner inconsistent with the Charter of the United Nations. Any of the following acts, regardless of a declaration of war, shall, in accordance with United Nations General Assembly resolution 3314 (XXIX) of 14 December 1974, qualify as an act of aggression: 2. Aux fins du paragraphe 1, on entend par «acte d'agression» l'emploi par un État de la force armée contre la souveraineté, l'intégrité territoriale ou l'indépendance politique d'un autre État, ou de toute autre manière incompatible avec la Charte des Nations Unies. Qu'il y ait ou non déclaration de guerre, les actes suivants sont des actes d'agression au regard de la résolution 3314 (XXIX) de l'Assemblée générale des Nations Unies en date du 14 décembre 1974: (2) Im Sinne des Absatzes 1 bedeutet „Angriffshandlung" die gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbare Anwendung von Waffengewalt durch einen anderen Staat. Unabhängig von dem Vorliegen einer Kriegserklärung gilt in Übereinstimmung mit der Resolution 3314 (XXIX) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 14. Dezember 1974 jede der folgenden Handlungen als Angriffshandlung:
a) The invasion or attack by the armed forces of a State of the territory of another State, or any military occupation, however temporary, resulting from such invasion or attack, or any annexation by the use of force of the territory of another State or part thereof; a) L'invasion ou l'attaque par les forces armées d'un État du territoire d'un autre État ou l'occupation militaire, même temporaire, résultant d'une telle invasion ou d'une telle attaque, ou l'annexion par la force de la totalité ou d'une partie du territoire d'un autre État; a) die Invasion des Hoheitsgebiets eines Staates oder der Angriff auf dieses durch die Streitkräfte eines anderen Staates oder jede, wenn auch vorübergehende, militärische Besetzung, die sich aus einer solchen Invasion oder einem solchen Angriff ergibt, oder jede gewaltsame Annexion des Hoheitsgebiets eines anderen Staates oder eines Teiles desselben;
b) Bombardment by the armed forces of a State against the territory of another State or the use of any weapons by a State against the territory of another State; b) Le bombardement par les forces armées d'un État du territoire d'un autre État, ou l'utilisation d'une arme quelconque par un État contre le territoire d'un autre État; b) die Bombardierung oder Beschießung des Hoheitsgebiets eines Staates durch die Streitkräfte eines anderen Staates oder der Einsatz von Waffen jeder Art durch einen Staat gegen das Hoheitsgebiet eines anderen Staates;
c) The blockade of the ports or coasts of a State by the armed forces of another State; c) Le blocus des ports ou des côtes d'un État par les forces armées d'un autre État; c) die Blockade der Häfen oder Küsten eines Staates durch die Streitkräfte eines anderen Staates;
d) An attack by the armed forces of a State on the land, sea or air forces, or marine and air fleets of another State; d) L'attaque par les forces armées d'un État des forces terrestres, maritimes ou aériennes, ou des flottes aériennes et maritimes d'un autre État; d) ein Angriff der Streitkräfte eines Staates auf die Land-, See- oder Luftstreitkräfte oder die See- und Luftflotte eines anderen Staates;
e) The use of armed forces of one State which are within the territory of another State with the agreement of the receiving State, in contravention of the conditions provided for in the agreement or any extension of their presence in such territory beyond the termination of the agreement; e) L'emploi des forces armées d'un État qui se trouvent dans le territoire d'un autre État avec l'agrément de celui-ci en contravention avec les conditions fixées dans l'accord pertinent, ou la prolongation de la présence de ces forces sur ce territoire apres l'écheance de l'accord pertinent; e) der Einsatz von Streitkräften eines Staates, die sich mit der Zustimmung eines anderen Staates in dessen Hoheitsgebiet befinden, unter Verstoß gegen die in der entsprechenden Einwilligung oder Vereinbarung vorgesehenen Bedingungen oder jede Verlängerung ihrer Anwesenheit in diesem Hoheitsgebiet über den Ablauf der Geltungsdauer der Einwilligung oder Vereinbarung hinaus;
f) The action of a State in allowing its territory, which it has placed at the disposal of another State, to be used by that other State for perpetrating an act of aggression against a third State; f) Le fait pour un État de permettre que son territoire, qu'il a mis à la disposition d'un autre État, serve à la commission par cet autre État d'un acte d'agression contre un État tiers; f) das Handeln eines Staates, wodurch er erlaubt, dass sein Hoheitsgebiet, das er einem anderen Staat zur Verfügung gestellt hat, von diesem anderen Staat dazu benutzt wird, eine Angriffshandlung gegen einen dritten Staat zu begehen;
g) The sending by or on behalf of a State of armed bands, groups, irregulars or mercenaries, which carry out acts of armed force against another State of such gravity as to amount to the acts listed above, or its substantial involvement therein. g) L'envoi par un État ou au nom d'un État de bandes, groupes, troupes irrégulieres ou mercenaires armés qui exécutent contre un autre État des actes assimilables à ceux de forces armées d'une gravité égale à celle des actes enumérés ci-dessus, ou qui apportent un concours substantiel à de tels actes. g) das Entsenden bewaffneter Banden, Gruppen, irregulärer Kräfte oder Söldner durch einen Staat oder in seinem Namen, die mit Waffengewalt gegen einen anderen Staat Handlungen von solcher Schwere ausführen, dass sie den oben aufgeführten Handlungen gleichkommen, oder seine wesentliche Beteiligung daran.
3. The following text is inserted after article 15 of the Statute: 3. Inserer le texte suivant apres l'article 15: 3. Nach Artikel 15 des Statuts wird folgender Wortlaut eingefügt:

Article 15bis
Exercise of Jurisdiction over the crime of aggression
(State referral, proprio motu)

Article 15bis
Exercice de la compétence à l'égard du crime d'agression
(Renvoi par un État, de sa propre initiative)

Artikel 15bis
Ausübung der Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression
(Unterbreitung durch einen Staat oder aus eigener Initiative)
1. The Court may exercise jurisdiction over the crime of aggression in accordance with article 13, paragraphs (a) and (c), subject to the provisions of this article. 1. La Cour peut exercer sa compétence à l'égard du crime d'agression conformément aux paragraphes a) et c) de l'article 13, sous réserve des dispositions qui suivent. (1) Der Gerichtshof kann vorbehaltlich dieses Artikels seine Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression in Übereinstimmung mit Artikel 13 Buchstaben a und c ausüben.
2. The Court may exercise jurisdiction only with respect to crimes of aggression committed one year after the ratification or acceptance of the amendments by thirty States Parties. 2. La Cour peut exercer sa compétence uniquement à l'egard de crimes d'agression commis un an apres la ratification ou l'acceptation des amendements par trente États Parties. (2) Der Gerichtshof kann seine Gerichtsbarkeit nur über Verbrechen der Aggression ausüben, die ein Jahr nach Ratifikation oder Annahme der Änderungen durch dreißig Vertragsstaaten begangen werden.
3. The Court shall exercise jurisdiction over the crime of aggression in accordance with this article, subject to a decision to be taken after 1 January 2017 by the same majority of States Parties as is required for the adoption of an amendment to the Statute. 3. La Cour exerce sa compétence à l'égard du crime d'agression conformément à cet article, sous réserve d'une décision qui sera prise après le 1er janvier 2017 par la même majorite d'États Parties que celle requise pour l'adoption d'un amendement au Statut. (3) Der Gerichtshof übt seine Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression in Übereinstimmung mit diesem Artikel vorbehaltlich eines Beschlusses aus, der nach dem 1. Januar 2017 mit derselben Mehrheit von Vertragsstaaten zu fassen ist, wie sie für die Annahme einer Änderung des Statuts erforderlich ist.
4. The Court may, in accordance with article 12, exercise jurisdiction over a crime of aggression, arising from an act of aggression committed by a State Party, unless that State Party has previously declared that it does not accept such jurisdiction by lodging a declaration with the Registrar. The withdrawal of such a declaration may be effected at any time and shall be considered by the State Party within three years. 4. La Cour peut, conformément à l'article 12, exercer sa compétence à l'égard d'un crime d'agression résultant d'un acte d'agression commis par un État Partie à moins que cet État Partie n'ait préalablement déclaré qu'il n'acceptait pas une telle compétence en déposant une déclaration auprès du Greffier. Le retrait d'une telle déclaration peut être effectué à tout moment et sera envisagé par l'État Partie dans un délai de trois ans. (4) Der Gerichtshof kann in Übereinstimmung mit Artikel 12 seine Gerichtsbarkeit über ein Verbrechen der Aggression ausüben, das sich aus einer Angriffshandlung eines Vertragsstaats ergibt, es sei denn, dieser Vertragsstaat hat zuvor durch Hinterlegung einer Erklärung beim Kanzler bekanntgegeben, dass er diese Gerichtsbarkeit nicht anerkennt. Die Rücknahme dieser Erklärung kann jederzeit erfolgen und wird von dem Vertragsstaat innerhalb von drei Jahren geprüft.
5. In respect of a State that is not a party to this Statute, the Court shall not exercise its jurisdiction over the crime of aggression when committed by that State's nationals or on its territory. 5. En ce qui concerne un État qui n'est pas Partie au présent Statut, la Cour n'exerce pas sa compétence à l'égard du crime d'agression quand celui-ci est commis par des ressortissants de cet État ou sur son territoire. (5) Hinsichtlich eines Staates, der nicht Vertragspartei dieses Statuts ist, übt der Gerichtshof seine Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression nicht aus, wenn das Verbrechen von Staatsangehörigen des betreffenden Staates oder in dessen Hoheitsgebiet begangen wurde.
6. Where the Prosecutor concludes that there is a reasonable basis to proceed with an investigation in respect of a crime of aggression, he or she shall first ascertain whether the Security Council has made a determination of an act of aggression committed by the State concerned. The Prosecutor shall notify the Secretary-General of the United Nations of the situation before the Court, including any relevant information and documents. 6. Lorsque le Procureur conclut qu'il y a une base raisonnable pour mener une enquête pour crime d'agression, il s'assure d'abord que le Conseil de sécurité a constaté qu'un acte d'agression avait été commis par l'État en cause. Il avise le Secrétaire général de l'Organisation des Nations Unies de la situation portée devant la Cour et lui communique toute information et tout document utiles. (6) Gelangt der Ankläger zu dem Schluss, dass eine hinreichende Grundlage für die Aufnahme von Ermittlungen in Bezug auf ein Verbrechen der Aggression besteht, vergewissert er sich zunächst, ob der Sicherheitsrat festgestellt hat, dass der betreffende Staat eine Angriffshandlung begangen hat. Der Ankläger benachrichtigt den Generalsekretär der Vereinten Nationen über die beim Gerichtshof anhängige Situation unter Einschluss sachdienlicher Informationen und Unterlagen.
7. Where the Security Council has made such a determination, the Prosecutor may proceed with the investigation in respect of a crime of aggression. 7. Lorsque le Conseil de sécurité a constaté un acte d'agression, le Procureur peut mener l'enquête sur ce crime. (7) Hat der Sicherheitsrat eine entsprechende Feststellung getroffen, so kann der Ankläger die Ermittlungen in Bezug auf ein Verbrechen der Aggression aufnehmen.
8. Where no such determination is made within six months after the date of notification, the Prosecutor may proceed with the investigation in respect of a crime of aggression, provided that the Pre-Trial Division has authorized the commencement of the investigation in respect of a crime of aggression in accordance with the procedure contained in article 15, and the Security Council has not decided otherwise in accordance with article 16. 8. Lorsqu'un tel constat n'est pas fait dans les six mois suivant la date de l'avis, le Procureur peut mener une enquête pour crime d'agression, à condition que la Section préliminaire ait autorisé l'ouverture d'une enquête pour crime d'agression selon la procédure fixée à l'article 15, et que le Conseil de sécurité n'en ait pas décidé autrement, conformément à l'article 16. (8) Wird innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt der Benachrichtigung keine entsprechende Feststellung getroffen, so kann der Ankläger die Ermittlungen in Bezug auf ein Verbrechen der Aggression aufnehmen, sofern die Vorverfahrensabteilung nach dem in Artikel 15 vorgesehenen Verfahren die Genehmigung zur Einleitung der Ermittlungen in Bezug auf ein Verbrechen der Aggression erteilt und der Sicherheitsrat nicht einen anderweitigen Beschluss nach Artikel 16 gefasst hat.
9. A determination of an act of aggression by an organ outside the Court shall be without prejudice to the Court's own findings under this Statute. 9. Le constat d'un acte d'agression par un organe extérieur à la Cour est sans préjudice des constatations que fait la Cour elle-meme en vertu du présent Statut. (9) Die Feststellung einer Angriffshandlung durch ein Organ außerhalb des Gerichtshofs berührt nicht die eigenen Erkenntnisse des Gerichtshofs nach diesem Statut.
10. This article is without prejudice to the provisions relating to the exercise of jurisdiction with respect to other crimes referred to in article 5. 10. Le présent article est sans préjudice des dispositions relatives à l'exercice de la compétence à l'égard des autres crimes visés à l'article 5. (10) Dieser Artikel lässt die Bestimmungen über die Ausübung der Gerichtsbarkeit über die anderen in Artikel 5 bezeichneten Verbrechen unberührt.
4. The following text is inserted after article 15bis of the Statute: 4. Insérer le texte suivant apres l'article 15bis du Statut: 4. Nach Artikel 15bs des Statuts wird folgender Wortlaut eingefügt:

Article 15ter
Exercise of Jurisdiction over the crime of aggression
(Security Council referral)

Article 15ter
Exercice de la compétence à l'égard du crime d'agression
(Renvoi par le Conseil de sécurité)

Artikel 15ter
Ausübung der Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression
(Unterbreitung durch den Sicherheitsrat)
1. The Court may exercise jurisdiction over the crime of aggression in accordance with article 13, paragraph (b), subject to the provisions of this article. 1. La Cour peut exercer sa compétence à l'égard du crime d'agression conformément au paragraphe b) de l'article 13, sous réserve des dispositions qui suivent. (1) Der Gerichtshof kann vorbehaltlich dieses Artikels seine Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression in Übereinstimmung mit Artikel 13 Buchstabe b ausüben.
2. The Court may exercise jurisdiction only with respect to crimes of aggression committed one year after the ratification or acceptance of the amendments by thirty States Parties. 2. La Cour peut exercer sa compétence uniquement à l'égard de crimes d'agression commis un an après la ratification ou l'acceptation des amendements par trente États Parties. (2) Der Gerichtshof kann seine Gerichtsbarkeit nur über Verbrechen der Aggression ausüben, die ein Jahr nach Ratifikation oder Annahme der Änderungen durch dreißig Vertragsstaaten begangen werden.
3. The Court shall exercise jurisdiction over the crime of aggression in accordance with this article, subject to a decision to be taken after 1 January 2017 by the same majority of States Parties as is required for the adoption of an amendment to the Statute. 3. La Cour exerce sa compétence à l'égard du crime d'agression conformément à cet article, sous réserve d'une décision qui sera prise après le 1er janvier 2017 par la même majorité d'États Parties que celle requise pour l'adoption d'un amendement au Statut. (3) Der Gerichtshof übt seine Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression in Übereinstimmung mit diesem Artikel vorbehaltlich eines Beschlusses aus, der nach dem 1. Januar 2017 mit derselben Mehrheit von Vertragsstaaten zu fassen ist, wie sie für die Annahme einer Änderung des Statuts erforderlich ist.
4. A determination of an act of aggression by an organ outside the Court shall be without prejudice to the Court's own findings under this Statute. 4. Le constat d'un acte d'agression par un organe extérieur à la Cour est sans préjudice des constatations que fait la Cour elle-même en vertu du présent Statut. (4) Die Feststellung einer Angriffshandlung durch ein Organ außerhalb des Gerichtshofs berührt nicht die eigenen Erkenntnisse des Gerichtshofs nach diesem Statut.
5. This article is without prejudice to the provisions relating to the exercise of jurisdiction with respect to other crimes referred to in article 5. 5. Le présent article est sans préjudice des dispositions relatives à l'exercice de la compétence à l'égard des autres crimes visés à l'article 5. (5) Dieser Artikel lässt die Bestimmungen über die Ausübung der Gerichtsbarkeit über die anderen in Artikel 5 bezeichneten Verbrechen unberührt.
5. The following text is inserted after article 25, paragraph 3, of the Statute: 5. Ajouter le texte qui suit après le paragraphe 3 de l'article 25: 5. Nach Artikel 25 Absatz 3 des Statuts wird folgender Wortlaut eingefügt:
3bis. In respect of the crime of aggression, the provisions of this article shall apply only to persons in a position effectively to exercise control over or to direct the political or military action of a State. 3bis. S'agissant du crime d'agression, les dispositions du présent article ne s'appliquent qu'aux personnes effectivement en mesure de contrôler ou de diriger l'action politique ou militaire d'un État. (3bis) In Bezug auf das Verbrechen der Aggression findet dieser Artikel nur auf Personen Anwendung, die tatsächlich in der Lage sind, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder zu lenken.
6. The first sentence of article 9, paragraph 1, of the Statute is replaced by the following sentence: 6. Remplacer la première phrase du paragraphe 1 de l'article 9 par la phrase suivante: 6. Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 des Statuts wird durch folgenden Satz ersetzt:
1. Elements of Crimes shall assist the Court in the interpretation and application of articles 6, 7, 8 and 8bis. 1. Les éléments des crimes aident la Cour à interpréter et appliquer les articles 6, 7, 8 et 8bis. (1) Die „Verbrechenselemente" helfen dem Gerichtshof bei der Auslegung und Anwendung der Artikel 6, 7, 8 und 8bis.
7. The chapeau of article 20, paragraph 3, of the Statute is replaced by the following paragraph; the rest of the paragraph remains unchanged: 7. Remplacer le chapeau du paragraphe 3 de l'article 20 par le texte suivant, le reste du paragraphe restant inchangé: 7. Der einleitende Halbsatz des Artikels 20 Absatz 3 des Statuts wird durch Folgendes ersetzt; der Rest des Absatzes bleibt unverändert:
3. No person who has been tried by another court for conduct also proscribed under article 6, 7, 8 or 8bis shall be tried by the Court with respect to the same conduct unless the proceedings in the other court: 3. Quiconque a été jugé par une autre juridiction pour un comportement tombant aussi sous le coup des articles 6, 7, 8 ou 8bis ne peut être jugé par la Cour pour les mêmes faits que si la procédure devant l'autre juridiction: (3) Niemand, der wegen eines auch nach Artikel 6, 7, 8 oder 8bis verbotenen Verhaltens vor ein anderes Gericht gestellt wurde, darf vom Gerichtshof für dasselbe Verhalten belangt werden, es sei denn, das Verfahren vor dem anderen Gericht


Denkschrift

I. Allgemeiner Teil

1. Gesamtwürdigung

Vom 31. Mai bis 11. Juni 2010 fand in Kampala (Uganda) die erste Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs statt, in deren Mittelpunkt die Bemühungen um eine Einigung in Bezug auf das Verbrechen der Aggression standen. Die Vertragsstaaten des Römischen Statuts einigten sich nach intensiven Beratungen und Verhandlungen am 11. Juni 2010 auf eine Definition des Verbrechens der Aggression und auf die Bedingungen der Ausübung der Gerichtsbarkeit.

Die Einigung in Kampala stellt einen historischen Durchbruch für die Weiterentwicklung des Völkerstrafrechts dar. Die Normierung des Aggressionstatbestandes im Römischen Statut schließt eine wesentliche Lücke der völkerrechtlichen Strafbarkeit und markiert einen wichtigen Schritt beim Kampf gegen die Straflosigkeit schwerster Verbrechen, welche die internationale Gemeinschaft als Ganze betreffen. Die Einigung zum Verbrechen der Aggression ist das Ergebnis eines mühevoll errungenen Kompromisses zwischen den Vertragsstaaten, dem jahrelange Vorberatungen vorangegangen waren. Die Bundesrepublik Deutschland war wesentlich an diesem Prozess und der Ausarbeitung des Kompromisses beteiligt.

Zusätzlich beschloss die Überprüfungskonferenz am 10. Juni 2010, Artikel 8 des Römischen Statuts zu ergänzen und bestimmte Handlungen, die in internationalen bewaffneten Konflikten Kriegsverbrechen darstellen, auch in nichtinternationalen bewaffneten Konflikten unter Strafe zu stellen.

Die Vertragsstaaten des Römischen Statuts verabschiedeten die Änderungen in zwei Resolutionen am 10. und 11. Juni 2010 im Konsens. Der Text beider Resolutionen ist in deutscher Übersetzung als Anlage beigefügt.

2. Tatbestand der Aggression und Ausübung der Gerichtsbarkeit

a) Vorgeschichte

In den Verfahren vor den Internationalen Militärgerichtshöfen in Nürnberg und Tokyo war das Verbrechen der Aggression als „Verbrechen gegen den Frieden" zentraler Anklagepunkt. Artikel 6a des Statuts des Nürnberger Militärgerichtshofs, der die „Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Durchführung eines Angriffskrieges oder eines Krieges unter Verletzung internationaler Verträge, Abkommen oder Zusicherungen [...]" unter Strafe stellte, stellte auf den Briand-Kellogg-Pakt von 1928 ab, der die Vertragsstaaten zur Unterlassung von Angriffskriegen und -handlungen verpflichtete. In der Nachfolge der Prozesse von Nürnberg und Tokyo erwies es sich jedoch als außerordentlich schwierig, „das schwerste internationale Verbrechen", wie es vom Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg bezeichnet worden war, in einem Straftatbestand zu kodifizieren.

Mit der Aggression befasste sich die Resolution 3314 (XXIX) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 14. Dezember 1974. Als politisches Dokument war die darin enthaltene Definition der Aggression allerdings nicht für völkerstrafrechtliche Zwecke entworfen worden, sondern sollte als Hilfsmittel für den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bei der Bestimmung einer Aggressionshandlung im Sinne des Artikels 39 der Charta der Vereinten Nationen dienen.

In dem am 17. Juli 1998 auf der Diplomatischen Bevollmächtigtenkonferenz in Rom verabschiedeten Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, das für die Bundesrepublik Deutschland am 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist (BGBl. 2003 II S. 293), wurde das Aggressionsverbrechen zwar neben dem Verbrechen des Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in die Liste der Völkerstraftaten des Artikels 5 Absatz 1 des Römischen Statuts aufgenommen, die der Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) unterliegen. Anders als bei den zuerst genannten drei Verbrechen konnte in Rom aber keine Einigung über die Definition des Verbrechens der Aggression und die Bedingungen für die Ausübung der Gerichts -barkeit erzielt werden. Streitig war insbesondere, welche Rolle der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bei der Entscheidung darüber, ob ein Akt der Aggression vorliegt, spielen sollte. Deshalb wurde die Ausübung der Gerichtsbarkeit des IStGH über das Verbrechen der Aggression ausdrücklich unter den Vorbehalt einer späteren Einigung der Vertragsstaaten über die Definition des Verbrechens und über die Bedingungen der Ausübung der Gerichtsbarkeit gestellt (Artikel 5 Absatz 2 des Römischen Statuts). Die Schlussakte der Konferenz in Rom sah vor, dass eine Kommission für die noch offenen Fragen Vorschläge erarbeiten und der Versammlung der Vertragsstaaten des Römischen Statuts unterbreiten sollte.

Die mit dieser Aufgabe beauftragte und zwischen Frühling 1999 und Sommer 2002 tagende Vorbereitungs -kommission für den IStGH richtete eine Arbeitsgruppe zum Verbrechen der Aggression („Working Group on the Crime of Aggression") ein, welche die wichtigsten Positionen zum Verbrechen der Aggression am 11. Juli 2002 in einem Diskussionspapier zusammenfasste. Nach dem Inkrafttreten des Römischen Statuts im Juli 2002 berief die Versammlung der Vertragsstaaten des Römischen Statuts am 9. September 2002 eine Sonderarbeitsgruppe zum Verbrechen der Aggression („Special Working Group on the Crime of Aggression") ein, welche die Arbeiten zum Verbrechen der Aggression fortführen und abschließen sollte. Die Beratungen in dieser Sonderarbeitsgruppe, die zwischen September 2003 und Februar 2009 tagte und durch informelle Treffen im Liechtenstein Institute on Self-Determination in der Woodrow Wilson School der Universität Princeton ergänzt wurde, waren von einem umfassenden Dialog und größtmöglicher Transparenz geprägt. Neben den Vertragsstaaten des Römischen Statuts waren auch Nichtvertragsstaaten sowie Vertreter der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft über nichtstaatliche Organisationen in die Beratungen und Diskussionen einbezogen. Da die Arbeit der Sonderarbeitsgruppe nach jeder Sitzung durch ausführliche Berichte dokumentiert wurde, konnte der Dialog mit Zivilgesellschaft und Wissenschaft im Anschluss an die Sitzungen fortgeführt und vertieft werden. Die Sonderarbeitsgruppe legte ihre Vorschläge der Versammlung der Vertragsstaaten am 13. Februar 2009 vor, die diese am 26. November 2009 einstimmig annahm. Die Vorschläge enthielten eine vorläufige Einigung in Bezug auf den Tatbestand des Aggressionsverbrechens, aber noch offene Fragen hinsichtlich der Ausübung der Gerichtsbarkeit. Diese Vorschläge wurden Grundlage für die Verhandlungen der Überprüfungskonferenz in Kampala.

b) Konferenzverlauf

Aufgrund der in den Vorjahren bereits geleisteten Vorarbeiten der Sonderarbeitsgruppe und der dort erzielten Einigung auf eine Definition des Aggressionstatbestandes konzentrierten sich in Kampala die Verhandlungen auf die Formulierung der Bedingungen der Ausübung der Gerichtsbarkeit. Die Delegationen waren darum bemüht, eine Einigung im Konsens zu erreichen.

Im Zentrum der Verhandlungen standen zum einen die Rolle des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und zum anderen die Frage der Voraussetzungen für das Inkrafttreten. In Bezug auf den Sicherheitsrat argumentierten einige Staaten, darunter die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats, dass Artikel 39 der Charta der Vereinten Nationen dem Sicherheitsrat eine zentrale Rolle für die Feststellung des Vorliegens einer Angriffshandlung übertrage. Der IStGH dürfe deshalb nur im Fall einer entsprechenden Sicherheitsratsverweisung Gerichtsbarkeit über das Aggressionsverbrechen haben, da für dieses Verbrechen nur der Auslösungsmechanismus des Artikel 13 Buchstabe b des Römischen Statuts gelten könne. Andere Staaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland, setzten sich dafür ein, dass der IStGH Gerichtsbarkeit über das Aggressionsverbrechen nicht nur bei einer Sicherheitsratsverweisung, sondern auch aufgrund der beiden anderen von Artikel 13 des Römischen Statuts vorgesehenen Auslösungsmechanismen haben sollte, also im Fall einer Verweisung durch einen Vertragsstaat oder im Fall des Tätigwerdens des Anklägers aus eigener Initiative („proprio motu"). Diese letztere Ansicht setzte sich schließlich in Kampala durch.

Hinsichtlich des einzuschlagenden Ratifikationsverfahrens war strittig, ob sich dieses nach Artikel 121 Absatz 4 oder nach Artikel 121 Absatz 5 des Römischen Statuts richtet. Hier entschied sich die Konferenz schließlich für letztere Auffassung.

Dass dieses Ergebnis, mit dem die deutschen KonferenzZiele vollständig erreicht wurden, im Konsens verabschiedet wurde, ist ein völkerrechtspolitischer Erfolg. Er war nur möglich aufgrund der Einbindung der gefundenen Regelung in ein Kompromiss-Paket, das u. a.

    - das Quorum der notwendigen Ratifikationen für die Ausübung der Gerichtsbarkeit auf 30 Vertragsstaaten festsetzt,

    - für die Ausübung der Gerichtsbarkeit einen bestätigenden Beschluss der Vertragsstaatenversammlung nicht vor dem Jahr 2017 verlangt,

    - die Möglichkeit eröffnet, durch Erklärung des Vertragsstaats die Ausübung der Gerichtsbarkeit des IStGH für Fälle der Staatenverweisung und des Proprio-motu-Handelns des Anklägers auszuschließen.

c) Ergebnis der Verhandlungen

aa) Tatbestand des Verbrechens der Aggression (Artikel 8bis des Römischen Statuts)

Der auf der Überprüfungskonferenz verabschiedete Tatbestand des Aggressionsverbrechens stellt einen ausgewogenen Kompromiss dar und trägt der Tat -sache Rechnung, dass dieses Delikt im Vergleich zu den anderen im Römischen Statut aufgeführten Verbrechen durch die Kriminalisierung staatlicher Angriffshandlungen und als Führungsverbrechen einen besonderen Charakter hat.

Die individuellen Tathandlungen werden in fast wörtlicher Übernahme der Vorgaben aus dem Statut des Nürnberger Militärgerichtshofs zum „Verbrechen gegen den Frieden" formuliert. Der Gefahr einer möglichen Politisierung des Tatbestandes wird dadurch entgegengetreten, dass einerseits die Bestimmung, was eine „Angriffshandlung" ist, wörtlich der sogenannten „Definition der Aggression" aus der Resolution 3314 (XXIX) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 14. Dezember 1974 entlehnt wird, dass deren Vorliegen allein aber andererseits nicht ausreicht, um die Handlung zum Aggressionsverbrechen zu machen. Dafür muss vielmehr die Angriffshandlung „ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen" darstellen. Damit ist nicht jede völkerrechtswidrige staatliche Gewaltanwendung zugleich ein Aggressionsverbrechen. Rechtlich umstrittene Einsätze, wie im Rahmen humanitärer Interventionen, und Fälle von nicht hinreichender Intensität sollen davon gerade nicht erfasst werden und damit nicht als Aggressionsverbrechen strafbar sein.

Das Aggressionsverbrechen hat den Charakter eines Führungsverbrechens, das hohe Anforderungen an die individuelle Täter- (wie auch Teilnehmer-)qualität stellt. Von der individuellen Strafbarkeit sind ausschließlich Personen betroffen, die tatsächlich in der Lage sind, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder zu lenken.

bb) Ausübung der Gerichtsbarkeit (Artikel 15bis und Artikel 15ter des Römischen Statuts)

Die nach intensiven Verhandlungen gefundene Regelung zu den Bedingungen der Ausübung der Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression sieht vor, dass alle drei für die anderen Straftatbestände des Römischen Statuts (Verbrechen des Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen) geltenden Auslösungsmechanismen nach Artikel 13 des Römischen Statuts auch auf das Verbrechen der Aggression Anwendung finden sollen.

Gemäß dem neuen Artikel 15bis wird die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs entweder durch Staatenverweisung oder aus eigener Initiative des Anklägers („proprio motu") begründet. Eine vorherige Feststellung des Sicherheitsrats, dass ein staatlicher Aggressionsakt vorliegt, ist nicht notwendig. Dafür wird die Gerichtsbarkeit des IStGH über das Verbrechen der Aggression zweifach eingeschränkt. Zum einen hat der IStGH keine Gerichtsbarkeit, wenn das Verbrechen von einem Staatsangehörigen eines Nichtver-tragsstaats oder in dessen Hoheitsgebiet begangen wird. Zum anderen haben die Vertragsstaaten die Möglichkeit, durch eine Erklärung die Gerichtsbarkeit des IStGH über das Verbrechen der Aggression auszuschließen (sogenanntes „opting out"). Der besonderen Rolle des Sicherheitsrats bei der Wahrung des Weltfriedens und der Wiederherstellung der internationalen Sicherheit tragen Verfahrensregeln Rechnung, die ein gewisses Zusammenwirken von IStGH und Sicherheitsrat regeln.

Um der besonderen Rolle des Sicherheitsrats bei der Feststellung einer Angriffshandlung zu entsprechen, wird die Überweisung einer Situation durch den Sicherheitsrat an den IStGH in einem gesonderten Artikel, dem zukünftigen Artikel 15ter des Römischen Statuts, behandelt. Von einer Verweisung durch den Sicherheitsrat können Vertragsstaaten des Römischen Statuts ebenso wie Nicht-Vertragsstaaten gleichermaßen betroffen werden. Die Möglichkeit, durch eine Opting-out-Erklärung die Gerichtsbarkeit des IStGH über das Verbrechen der Aggression auszuschließen, besteht hier nicht.

cc) Aktivierung der Gerichtsbarkeit des IStGH über das Verbrechen der Aggression

Voraussetzung für die Verfolgung von Aggressionsverbrechen durch den IStGH ist die Erfüllung folgender Anforderungen: Die Ergänzungen des Römischen Statuts bedürfen zunächst der Ratifikation oder Annahme durch dreißig Vertragsstaaten. Ferner muss die Gerichtsbarkeit für das Aggressionsverbrechen durch einen Beschluss der Versammlung der Vertragsstaaten bestätigt werden. Die Entscheidung kann frühestens nach dem 1. Januar 2017 ergehen. Diese Regelung ist ein wichtiges Element des in Kampala erreichten Kompromiss-Pakets.

3. Änderung des Artikels 8 des Römischen Statuts

Die Überprüfungskonferenz in Kampala hat neben der Einigung über das Verbrechen der Aggression außerdem eine Änderung des Artikels 8 Absatz 2 Buchstabe e des Römischen Statuts in Bezug auf Kriegsverbrechen beschlossen. Durch diese Änderung wird der Einsatz bestimmter Waffen und Geschosse, der bereits im Fall ihrer Verwendung in internationalen bewaffneten Konflikten ein Kriegsverbrechen darstellt, im Einklang mit dem Völkergewohnheitsrecht und dem deutschen Völkerstrafgesetzbuch auch im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt unter Strafe gestellt. Eine Angleichung der strafbaren Handlungen in internationalen und nichtinternationalen bewaffneten Konflikten als Kriegsverbrechen in Artikel 8 des Römischen Statuts war von der Diplomatischen Bevollmächtigtenkonferenz der Vereinten Nationen in Rom 1998 diskutiert, jedoch noch nicht vereinbart worden.

Die Änderungen kamen auf Initiative Belgiens zustande, das auf der jährlichen Versammlung der Vertragsstaaten 2008 erstmals einen entsprechenden Vorschlag unterbreitete. Der von Belgien initiierte und von Deutschland neben 17 anderen Staaten mit eingebrachte Resolutionsentwurf zur Änderung des Artikels 8 war auf der Überprüfungskonferenz in Kampala nicht kontrovers und wurde im Konsens angenommen.

4. Verbrechenselemente, Vereinbarte Auslegungen

Gemeinsam mit den Änderungen zum Römischen Statut wurden von der Überprüfungskonferenz mit der Resolu -tion 5 vom 10. Juni 2010 zu Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe e Ziffern xiii, xiv und xv und der Resolution 6 vom 11. Juni 2010 zu Artikel 8bis „Verbrechenselemente" angenommen, die dem IStGH gemäß Artikel 9 des Römischen Statuts bei der Interpretation und Anwendung der Tatbestände helfen sollen.

Als zusätzliche Auslegungshilfe wurden in der Resolution 6 „Vereinbarte Auslegungen betreffend die Änderungen des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Bezug auf das Verbrechen der Aggression" angenommen.

Die deutschen Übersetzungen der „Verbrechenselemente" und der „Vereinbarten Auslegungen" sind in den dieser Denkschrift als Anlage beigefügten Resolutionen enthalten.

5. Deutsche Übersetzung

Die deutsche Übersetzung der Änderungen wurde auf der Grundlage eines von der Bundesrepublik Deutschland vorgelegten Entwurfs von amtlichen Vertretern der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und des Fürstentums Liechtenstein gemeinsam ausgearbeitet.

II. Besonderer Teil

Artikel 5 Absatz 2

Artikel 5 Absatz 2 wird aufgehoben. Er hat folgenden Wortlaut:

„Der Gerichtshof übt die Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression aus, sobald in Übereinstimmung mit den Artikeln 121 und 123 eine Bestimmung angenommen worden ist, die das Verbrechen definiert und die Bedingungen für die Ausübung der Gerichtsbarkeit im Hinblick auf dieses Verbrechen festlegt. Diese Bestimmung muss mit den einschlägigen Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen vereinbar sein."

Aufgrund der auf der Überprüfungskonferenz in Kampala gefundenen Definition des Verbrechens der Aggression und der Bedingungen für die Ausübung der Gerichtsbarkeit verliert diese Bestimmung ihre Funktion und kann deshalb aufgehoben werden.

Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe e Ziffern xiii, xiv und xv

In Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe e werden die drei Ziffern xiii, xiv und xv hinzugefügt. Dadurch wird der Katalog der strafbaren Handlungen, die in einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt ein Kriegsverbrechen begründen, erweitert. Diese Handlungen waren bereits vorher im Rahmen internationaler bewaffneter Konflikte strafbar. Die Strafbarkeit von Handlungen in nichtinter -nationalen bewaffneten Konflikten wird damit der Strafbarkeit in internationalen Konflikten angeglichen.

Diese unter Strafe gestellten Handlungen umfassen im Einzelnen:

    - Die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen (Ziffer xiii)

    - Die Verwendung erstickender, giftiger oder gleichartiger Gase sowie aller ähnlichen Flüssigkeiten, Stoffe oder Vorrichtungen (Ziffer xiv)

    - Die Verwendung von Geschossen, die sich im Körper des Menschen leicht ausdehnen oder flachdrücken (Ziffer xv).

Wie sich aus den für die Auslegung des Artikels 8 Absatz 2 Buchstabe e Ziffer xv durch den IStGH auf der Überprüfungskonferenz verabschiedeten „Verbrechenselementen" ergibt, muss die Munition objektiv gegen das Völkerrecht verstoßen. Zudem muss sich der Täter bewusst gewesen sein, dass die Munition von einer solchen Beschaffenheit war, dass ihre Verwendung unnötig das Leiden oder den Verletzungseffekt verstärken würde. Aus der letzten Präambelerwägung der Resolution 5 vom 10. Juni 2010 zu Artikel 8 Absatz 2 folgt, dass Munition, die durch die Polizei, die Streitkräfte oder andere staatliche Kräfte im Rahmen von Geiselbefreiungen oder vergleichbarer Situationen, bei denen dies zum Schutz unbeteiligter Personen oder eigener Kräfte geboten ist, genutzt werden, nicht unter die Strafandrohung des Artikels 8 Absatz 2 Buchstabe e Ziffer xv fällt. Durch Nummer 4 der „Verbrechenselemente", wonach das strafbare Verhalten im Zusammenhang mit einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt stattfand und mit ihm verbunden war, ist klargestellt, dass Situationen im Zusammenhang mit der Wahrung der öffentlichen Sicherheit von der Gerichtsbarkeit des IStGH ausgenommen sind.

Artikel 8bis

Verbrechen der Aggression

Nach den Definitionen der Verbrechen des Völkermords, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit und der Kriegsverbrechen in den vorhergehenden Artikeln 6, 7 und 8 des Römischen Statuts wird durch den neuen Artikel 8bis die Definition des Verbrechens der Aggression in das Römische Statut eingefügt.

Gemäß Absatz 1 ist Tathandlung die „Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Ausführung einer Angriffshandlung", die eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen darstellt. Die Offenkundigkeit der Charta-Verletzung muss sich aus Art, Schwere und Umfang der Angriffshandlung ergeben.

Im Gegensatz zu den drei anderen Straftatbeständen des Römischen Statuts kann die Tat nur von einer „Person, die tatsächlich in der Lage ist, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder zu lenken", begangen werden. Der Tatbestand trägt somit den Charakter eines Führungsverbrechens, das hohe Anforderungen an die individuelle Täterqualität stellt. Der Täter muss nicht zwingend Teil eines Staatsorgans sein. Die Verantwortlichkeit kann sich auch auf Personen ohne Regierungsverantwortung erstrecken, die tatsächlich in der Lage sind, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder zu lenken, sodass der Aggressionsakt dem Staat völkerrechtlich zugerechnet werden kann. Für die individuelle Täterschaft reicht es aus, wenn der militärische oder politische Verantwortliche nur an der Planung beteiligt war, oder wenn der Tatbeitrag im Versuchsstadium stecken geblieben ist. Jedoch muss der staatliche Aggressionsakt durchgeführt worden sein, um Grundlage des Verbrechens der Aggression sein zu können.

Der in Absatz 1 eingeführte Begriff der „Angriffshandlung" wird in Absatz 2 Satz 1 als „gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbare Anwendung von Waffengewalt durch einen anderen Staat" definiert und ist damit die wörtliche Übernahme der in Artikel 1 der Anlage zur Resolution 3314 (XXIX) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 14. Dezember 1974 enthaltenen Definition der Aggression.

Im nachfolgenden Satz 2 werden einzelne, Satz 1 konkretisierende Angriffshandlungen aufgeführt, die als Angriffshandlungen gelten und ebenfalls der Resolution 3314 (Artikel 3 der Anlage) entnommen sind.

Die Buchstaben a bis e beschreiben einzelne Handlungen der Streitkräfte eines Staates, wie Invasion, militärische Besetzung, Bombardierung, Beschießung, Blockade von Häfen oder Küsten, die als Angriffshandlungen gewertet werden.

Buchstabe f beschreibt das Zurverfügungstellen des Territoriums eines Staates für Angriffshandlungen eines dritten Staates als Angriffshandlung.

In Buchstabe g wird das Entsenden bewaffneter Banden, Gruppen, irregulärer Kräfte oder Söldner, die Handlungen von solcher Schwere gegen einen anderen Staat ausführen, dass sie den in den Buchstaben a bis f beschriebenen Handlungen gleichkommen, als Angriffshandlung definiert.

Artikel 9 Absatz 1 Satz 1

Aufgrund der Einfügung des neuen Artikels 8bis zum Straftatbestand des Verbrechens der Aggression muss die Liste der Artikel, für die „Verbrechenselemente" dem Gerichtshof bei Auslegung und Anwendung der Artikel helfen, um einen Verweis auf Artikel 8bis erweitert werden.

Artikel 15bis

Ausübung der Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression (Unterbreitung durch einen Staat oder aus eigener Initiative)

Der neu eingefügte Artikel 15bis begründet die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs über das Verbrechen der Aggression bei Verweisung durch einen Staat oder aus eigener Initiative („proprio motu") des Anklägers. Die detaillierte und komplexe Regelung spiegelt den in Kampala gefundenen Kompromiss wider.

Absatz 1 dieser Bestimmung führt zwei Möglichkeiten der Auslösung eines Verfahrens wegen des Verbrechens der Aggression vor dem Gerichtshof auf. Durch die Bezugnahme auf Artikel 13 Buchstabe a und c kann der Gerichtshof seine Gerichtsbarkeit ausüben, wenn entweder ein Vertragsstaat gemäß Artikel 14 dem Ankläger eine Situation unterbreitet, in der ein solches Verbrechen begangen worden sein soll, oder wenn der Ankläger aus eigener Initiative nach Artikel 15 Ermittlungen wegen eines solchen Verbrechens einleitet.

Die Ab sätze 2 u n d 3 bestimmen die allgemeinen, nicht fallspezifischen Voraussetzungen für die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs über das Verbrechen der Aggression. Danach kann der Gerichtshof seine Gerichtsbarkeit nur über Aggressionsverbrechen ausüben, die ein Jahr nach Ratifikation oder Annahme der Änderungen durch dreißig Vertragsstaaten begangen wurden (Absatz 2). Außerdem ist Voraussetzung für seine Gerichtsbarkeit ein Beschluss der Vertragsstaaten, der erst nach dem 1. Januar 2017 mit qualifizierter Mehrheit zu fassen ist (Absatz 3).

Die Absätze 4 bis 8 stellen die Gerichtsbarkeit unter weitere Voraussetzungen.

Nach Absatz 4 findet Artikel 12 des Römischen Statuts Anwendung mit der Einschränkung, dass sich die Gerichtsbarkeit des IStGH nicht auf ein von einem Vertragsstaat begangenes Verbrechen der Aggression erstreckt, wenn dieser Vertragsstaat vorher erklärt hat, die Ausübung der Gerichtsbarkeit nicht anerkennen zu wollen (sogenannte „Opting-out"-Erklärung). Diese Erklärung kann von dem Vertragsstaat jederzeit zurückgenommen werden und wird innerhalb von drei Jahren von ihm überprüft.

Nach Ab satz 5 besteht keine Gerichtsbarkeit, wenn das Verbrechen der Aggression von Staatsangehörigen eines Nicht-Vertragsstaates oder in dessen Hoheitsgebiet begangen wurde.

Die Absätze 6 bis 8 bestimmen das Verhältnis des Gerichtshofs zum Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bei der Verfolgung des Verbrechens der Aggression. Indem der Ankläger den Generalsekretär der Vereinten Nationen über die beim Gerichtshof anhängige Situation unterrichtet, vergewissert er sich beim Sicherheitsrat, ob dieser festgestellt hat, dass der betreffende Staat eine Angriffshandlung begangen hat (Absatz 6). Wenn der Sicherheitsrat entsprechende Feststellungen getroffen hat, kann der Ankläger Ermittlungen in Bezug auf das Verbrechen der Aggression aufnehmen (Absatz 7). Trifft der Sicherheitsrat nicht innerhalb von sechs Monaten nach Benachrichtigung durch den Ankläger eine entsprechende Feststellung, kann der Ankläger trotzdem entsprechende Ermittlungen aufnehmen, wenn die Vorverfahrensabteilung des Gerichtshofs nach Artikel 15 des Römischen Statuts eine Genehmigung hierzu erteilt und der Sicherheitsrat nicht gemäß Artikel 16 entscheidet, die Ermittlungen oder Strafverfolgung des Gerichtshofs für zwölf Monate zu unterbrechen (Absatz 8).

Ab satz 9 unterstreicht, dass der Gerichtshof hinsichtlich der Feststellung einer Angriffshandlung unabhängig von der Entscheidung von Organen außerhalb des Gerichtshofs ist.

In Absatz 1 0 wird klargestellt, dass die in Artikel 15bis enthaltenen Bestimmungen keinen Einfluss auf die Ausübung der Gerichtsbarkeit über die anderen in Artikel 5 bezeichneten Verbrechen (das Verbrechen des Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen) haben.

Artikel 15ter

Ausübung der Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression (Unterbreitung durch den Sicherheitsrat)

Mit Artikel 15ter Absatz 1 wird die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs durch eine Verweisung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen in Übereinstimmung mit Artikel 13 Buchstabe b begründet.

Die Ab sätze 2 u n d 3 bestimmen in wörtlicher Wiederholung der Absätze 2 und 3 des Artikels 15bis die allgemeinen Voraussetzungen der Gerichtsbarkeit bei der Unterbreitung durch den Sicherheitsrat.

Die Absätze 4 und 5 entsprechen den Absätzen 9 und 10 von Artikel 15bis.

Artikel 20 Absatz 3 erster Halbsatz

Durch Einführung eines Artikels 8bis muss die Liste der Verbrechen in Absatz 3, für die der Grundsatz des Verbots der erneuten Strafverfolgung des Täters wegen derselben Tat („ne bis in idem") gilt, um das Verbrechen der Aggression in Artikel 8bis erweitert werden.

Artikel 25 Absatz 3bis

Durch Hinzufügung des Artikels 25 Absatz 3bis wird sichergestellt, dass sich die strafrechtliche Verantwortlichkeit für das Verbrechen der Aggression in allen in Artikel 25 aufgeführten Beteiligungsformen nur auf Führungspersonen beschränkt. Eine Strafbarkeit zum Beispiel wegen Beihilfe oder Anstiftung zum Aggressionsverbrechen setzt voraus, dass Helfer oder Anstifter selbst das politische oder militärische Handeln eines Staates kontrollieren oder lenken.


Resolution RC/Res.5
Auf der 12. Plenarsitzung am 10. Juni 2010 im Konsens angenommen

RC/Res.5
Änderungen des Artikels 8 des Römischen Statuts

(Übersetzung)

Die Überprüfungskonferenz,

in Anbetracht des Artikels 123 Absatz 1 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs, in dem der Generalsekretär der Vereinten Nationen ersucht wird, sieben Jahre nach Inkrafttreten des Statuts eine Überprüfungskonferenz zur Prüfung etwaiger Änderungen des Statuts einzuberufen,

in Anbetracht des Artikels 121 Absatz 5 des Statuts, in dem es heißt, dass eine Änderung der Artikel 5, 6, 7 und 8 des Statuts für die Vertragsstaaten, welche die Änderung angenommen haben, ein Jahr nach Hinterlegung ihrer Ratifikations- oder Annahmeurkunde in Kraft tritt und dass der Gerichtshof seine Gerichtsbarkeit über ein von der Änderung erfasstes Verbrechen hinsichtlich eines Vertragsstaats, der die Änderung nicht angenommen hat, nicht ausübt, wenn das Verbrechen von Staatsangehörigen des betreffenden Vertragsstaats oder in dessen Hoheitsgebiet begangen wurde, und ihr Verständnis bestätigend, dass in Bezug auf diese Änderung derselbe Grundsatz, der für einen Vertragsstaat gilt, der die Änderung nicht angenommen hat, auch für Staaten gilt, die nicht Vertragspartei des Statuts sind,

bestätigend, dass im Lichte des Artikels 40 Absatz 5 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge Staaten, die später Vertragsstaat des Statuts werden, entscheiden können, ob sie die in dieser Resolution enthaltene Änderung zum Zeitpunkt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung des Statuts oder des Beitritts dazu annehmen,

in Anbetracht des Artikels 9 des Statuts über die „Verbrechenselemente", in dem es heißt, dass die Elemente dem Gerichtshof bei der Auslegung und Anwendung der Bestimmungen in Bezug auf die seiner Gerichtsbarkeit unterliegenden Verbrechen helfen,

unter gebührender Berücksichtigung dessen, dass die Verbrechen der Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen, der Verwendung erstickender, giftiger oder gleichartiger Gase sowie aller ähnlichen Flüssigkeiten, Stoffe oder Vorrichtungen und der Verwendung von Geschossen, die sich im Körper des Menschen leicht ausdehnen oder flachdrücken, beispielsweise Geschosse mit einem harten Mantel, der den Kern nicht ganz umschließt oder mit Einschnitten versehen ist, als schwere Verstöße gegen die in einem internationalen bewaffneten Konflikt anwendbaren Gesetze und Gebräuche nach Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe b bereits der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegen,

in Anbetracht der relevanten Elemente der Verbrechen innerhalb der „Verbrechenselemente", die bereits am 9. September 2000 von der Versammlung der Vertragsstaaten angenommen wurden,

in der Erwägung, dass die genannten relevanten Elemente der Verbrechen auch bei der Auslegung und Anwendung in bewaffneten Konflikten, die keinen internationalen Charakter haben, helfen können, da sie unter anderem präzisieren, dass das Verhalten im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt stattfand und mit diesem verbunden war, wodurch somit bestätigt wird, dass Situationen im Zusammenhang mit der Wahrung der öffentlichen Sicherheit von der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs ausgeschlossen sind,

in der Erwägung, dass die in Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe e Ziffer xiii (Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen) und in Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe e Ziffer xiv (Verwendung erstickender, giftiger oder gleichartiger Gase sowie aller ähnlichen Flüssigkeiten, Stoffe oder Vorrichtungen) genannten Verbrechen schwere Verstöße gegen die Gesetze und Gebräuche darstellen, die in einem bewaffneten Konflikt anwendbar sind, der keinen internationalen Charakter hat, wie sich aus dem Völkergewohnheitsrecht ergibt,

in der Erwägung, dass das in Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe e Ziffer xv (Verwendung von Geschossen, die sich im Körper des Menschen leicht ausdehnen oder flachdrücken) genannte Verbrechen ebenfalls einen schweren Verstoß gegen die Gesetze und Gebräuche darstellt, die in einem bewaffneten Konflikt anwendbar sind, der keinen internationalen Charakter hat, und in dem Verständnis, dass nur dann ein Verbrechen vorliegt, wenn der Täter die Geschosse verwendet, um das Leiden oder die Verletzungswirkung bei der Person, die Ziel dieser Geschosse ist, unnötig zu verstärken, wie sich aus dem Völkergewohnheitsrecht ergibt,

1. beschließt, die in Anlage I dieser Resolution enthaltene Änderung des Artikels 8 Absatz 2 Buchstabe e des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs anzunehmen, die der Ratifikation oder Annahme bedarf und die gemäß Artikel 121 Absatz 5 des Statuts in Kraft tritt;

2. beschließt, die in Anlage II dieser Resolution enthaltenen, den „Verbrechenselementen" anzufügenden relevanten Elemente anzunehmen.


Anlage I
Änderung des Artikels 8

In Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe e wird Folgendes angefügt:

    „xiii) die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen;

    xiv) die Verwendung erstickender, giftiger oder gleichartiger Gase sowie aller ähnlichen Flüssigkeiten, Stoffe oder Vorrichtungen;

    xv) die Verwendung von Geschossen, die sich im Körper des Menschen leicht ausdehnen oder flachdrücken, beispielsweise Geschosse mit einem harten Mantel, der den Kern nicht ganz umschließt oder mit Einschnitten versehen ist;"


Anlage II
„Verbrechenselemente"

Den „Verbrechenselementen" werden folgende Elemente hinzugefügt:

Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe e Ziffer xiii
Kriegsverbrechen der Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen
Elemente

1. Der Täter verwendete eine Substanz oder eine Waffe, durch deren Verwendung eine Substanz freigesetzt wird.

2. Die Substanz war so beschaffen, dass sie aufgrund ihrer toxischen Eigenschaften im gewöhnlichen Verlauf der Ereignisse den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung herbeiführt.

3. Das Verhalten fand im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt statt, der keinen internationalen Charakter hat, und war mit ihm verbunden.

4. Der Täter hatte Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, die das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts begründeten.

Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe e Ziffer xiv
Kriegsverbrechen der Verwendung verbotener Gase, Flüssigkeiten, Stoffe oder Vorrichtungen
Elemente

1. Der Täter verwendete ein Gas oder eine andere ähnliche Substanz oder Vorrichtung.

2. Das Gas, die Substanz oder die Vorrichtung waren so beschaffen, dass sie aufgrund ihrer erstickenden oder toxischen Eigenschaften im gewöhnlichen Verlauf der Ereignisse den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung herbeiführen. |1|

3. Das Verhalten fand im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt statt, der keinen internationalen Charakter hat, und war mit ihm verbunden.

4. Der Täter hatte Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, die das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts begründeten.

Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe e Ziffer xv
Kriegsverbrechen der Verwendung verbotener Geschosse
Elemente

1. Der Täter verwendete bestimmte Geschosse.

2. Die Geschosse waren so beschaffen, dass ihre Verwendung gegen das internationale Recht des bewaffneten Konflikts verstößt, weil sie sich im Körper des Menschen leicht ausdehnen oder flachdrücken.

3. Der Täter hatte Kenntnis davon, dass die Geschosse so beschaffen waren, dass ihre Verwendung das Leiden oder die Verletzungswirkung unnötig verstärken würde.

4. Das Verhalten fand im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt statt, der keinen internationalen Charakter hat, und war mit ihm verbunden.

5. Der Täter hatte Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, die das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts begründeten.


Resolution RC/Res.6
Auf der 13. Plenarsitzung am 11. Juni 2010 im Konsens angenommen

RC/Res.6
Das Verbrechen der Aggression

(Übersetzung)

Die Überprüfungskonferenz,

unter Hinweis auf Artikel 12 Absatz 1 des Römischen Statuts,

unter Hinweis auf Artikel 5 Absatz 2 des Römischen Statuts,

außerdem unter Hinweis auf Ziffer 7 der Resolution F, die am 17. Juli 1998 von der Diplomatischen Bevollmächtigtenkonferenz der Vereinten Nationen zur Errichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs angenommen wurde,

ferner unter Hinweis auf die Resolution ICC-ASP/1/Res.1 über die Kontinuität der Arbeiten zum Verbrechen der Aggression und mit dem Ausdruck ihres Dankes an die Sonderarbeitsgruppe zum Verbrechen der Aggression für die Ausarbeitung von Vorschlägen für eine Bestimmung über das Verbrechen der Aggression,

Kenntnis nehmend von der Resolution ICC-ASP/8/Res.6, mit der die Versammlung der Vertragsstaaten der Überprüfungskonferenz Vorschläge für eine Bestimmung über das Verbrechen der Aggression zur Behandlung übermittelte,

entschlossen, die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs über das Verbrechen der Aggression möglichst bald zu aktivieren,

1. beschließt, im Einklang mit Artikel 5 Absatz 2 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (im Folgenden „Statut") die in Anlage I dieser Resolution enthaltenen Änderungen des Statuts anzunehmen, die der Ratifikation oder Annahme bedürfen und die gemäß Artikel 121 Absatz 5 in Kraft treten, und stellt fest, dass jeder Vertragsstaat vor der Ratifikation oder Annahme eine Erklärung nach Artikel 15bis hinterlegen kann;

2. beschließt außerdem, die in Anlage II dieser Resolution enthaltenen Änderungen der „Verbrechenselemente" anzunehmen;

3. beschließt außerdem, die in Anlage III dieser Resolution enthaltenen vereinbarten Auslegungen betreffend die genannten Änderungen anzunehmen;

4. beschließt ferner, die Änderungen in Bezug auf das Verbrechen der Aggression sieben Jahre nach Beginn der Ausübung der Gerichtsbarkeit durch den Gerichtshof zu überprüfen;

5. fordert alle Vertragsstaaten auf, die in Anlage I enthaltenen Änderungen zu ratifizieren oder anzunehmen.


Anlage I
Änderungen
des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Bezug auf das Verbrechen der Aggression

1. Artikel 5 Absatz 2 des Statuts wird aufgehoben.

2. Nach Artikel 8 des Statuts wird folgender Wortlaut eingefügt:

Artikel 8bis
Verbrechen der Aggression

(1) Im Sinne dieses Statuts bedeutet „Verbrechen der Aggression" die Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Ausführung einer Angriffshandlung, die ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen darstellt, durch eine Person, die tatsächlich in der Lage ist, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder zu lenken.

(2) Im Sinne des Absatzes 1 bedeutet „Angriffshandlung" die gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbare Anwendung von Waffengewalt durch einen anderen Staat. Unabhängig von dem Vorliegen einer Kriegserklärung gilt in Übereinstimmung mit der Resolution 3314 (XXIX) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 14. Dezember 1974 jede der folgenden Handlungen als Angriffshandlung:

a) die Invasion des Hoheitsgebiets eines Staates oder der Angriff auf dieses durch die Streitkräfte eines anderen Staates oder jede, wenn auch vorübergehende, militärische Besetzung, die sich aus einer solchen Invasion oder einem solchen Angriff ergibt, oder jede gewaltsame Annexion des Hoheitsgebiets eines anderen Staates oder eines Teiles desselben;

b) die Bombardierung oder Beschießung des Hoheitsgebiets eines Staates durch die Streitkräfte eines anderen Staates oder der Einsatz von Waffen jeder Art durch einen Staat gegen das Hoheitsgebiet eines anderen Staates;

c) die Blockade der Häfen oder Küsten eines Staates durch die Streitkräfte eines anderen Staates;

d) ein Angriff der Streitkräfte eines Staates auf die Land-, See- oder Luftstreitkräfte oder die See- und Luftflotte eines anderen Staates;

e) der Einsatz von Streitkräften eines Staates, die sich mit der Zustimmung eines anderen Staates in dessen Hoheitsgebiet befinden, unter Verstoß gegen die in der entsprechenden Einwilligung oder Vereinbarung vorgesehenen Bedingungen oder jede Verlängerung ihrer Anwesenheit in diesem Hoheitsgebiet über den Ablauf der Geltungsdauer der Einwilligung oder Vereinbarung hinaus;

f) das Handeln eines Staates, wodurch er erlaubt, dass sein Hoheitsgebiet, das er einem anderen Staat zur Verfügung gestellt hat, von diesem anderen Staat dazu benutzt wird, eine Angriffshandlung gegen einen dritten Staat zu begehen;

g) das Entsenden bewaffneter Banden, Gruppen, irregulärer Kräfte oder Söldner durch einen Staat oder in seinem Namen, die mit Waffengewalt gegen einen anderen Staat Handlungen von solcher Schwere ausführen, dass sie den oben aufgeführten Handlungen gleichkommen, oder seine wesentliche Beteiligung daran.

3. Nach Artikel 15 des Statuts wird folgender Wortlaut eingefügt:

Artikel 15bis
Ausübung der Gerichtsbarkeit
über das Verbrechen der Aggression
(Unterbreitung durch einen Staat oder aus eigener Initiative)

(1) Der Gerichtshof kann vorbehaltlich dieses Artikels seine Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression in Übereinstimmung mit Artikel 13 Buchstaben a und c ausüben.

(2) Der Gerichtshof kann seine Gerichtsbarkeit nur über Verbrechen der Aggression ausüben, die ein Jahr nach Ratifikation oder Annahme der Änderungen durch dreißig Vertragsstaaten begangen werden.

(3) Der Gerichtshof übt seine Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression in Übereinstimmung mit diesem Artikel vorbehaltlich eines Beschlusses aus, der nach dem 1. Januar 2017 mit derselben Mehrheit von Vertragsstaaten zu fassen ist, wie sie für die Annahme einer Änderung des Statuts erforderlich ist.

(4) Der Gerichtshof kann in Übereinstimmung mit Artikel 12 seine Gerichtsbarkeit über ein Verbrechen der Aggression ausüben, das sich aus einer Angriffshandlung eines Vertragsstaats ergibt, es sei denn, dieser Vertragsstaat hat zuvor durch Hinterlegung einer Erklärung beim Kanzler bekanntgegeben, dass er diese Gerichtsbarkeit nicht anerkennt.

Die Rücknahme dieser Erklärung kann jederzeit erfolgen und wird von dem Vertragsstaat innerhalb von drei Jahren geprüft.

(5) Hinsichtlich eines Staates, der nicht Vertragspartei dieses Statuts ist, übt der Gerichtshof seine Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression nicht aus, wenn das Verbrechen von Staatsangehörigen des betreffenden Staates oder in dessen Hoheitsgebiet begangen wurde.

(6) Gelangt der Ankläger zu dem Schluss, dass eine hinreichende Grundlage für die Aufnahme von Ermittlungen in Bezug auf ein Verbrechen der Aggression besteht, vergewissert er sich zunächst, ob der Sicherheitsrat festgestellt hat, dass der betreffende Staat eine Angriffshandlung begangen hat. Der Ankläger benachrichtigt den Generalsekretär der Vereinten Nationen über die beim Gerichtshof anhängige Situation unter Einschluss sachdienlicher Informationen und Unterlagen.

(7) Hat der Sicherheitsrat eine entsprechende Feststellung getroffen, so kann der Ankläger die Ermittlungen in Bezug auf ein Verbrechen der Aggression aufnehmen.

(8) Wird innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt der Benachrichtigung keine entsprechende Feststellung getroffen, so kann der Ankläger die Ermittlungen in Bezug auf ein Verbrechen der Aggression aufnehmen, sofern die Vorverfahrensabteilung nach dem in Artikel 15 vorgesehenen Verfahren die Genehmigung zur Einleitung der Ermittlungen in Bezug auf ein Verbrechen der Aggression erteilt und der Sicherheitsrat nicht einen anderweitigen Beschluss nach Artikel 16 gefasst hat.

(9) Die Feststellung einer Angriffshandlung durch ein Organ außerhalb des Gerichtshofs berührt nicht die eigenen Erkenntnisse des Gerichtshofs nach diesem Statut.

(10) Dieser Artikel lässt die Bestimmungen über die Ausübung der Gerichtsbarkeit über die anderen in Artikel 5 bezeichneten Verbrechen unberührt.

4. Nach Artikel 15bis des Statuts wird folgender Wortlaut eingefügt:

Artikel 15ter
Ausübung der Gerichtsbarkeit
über das Verbrechen der Aggression
(Unterbreitung durch den Sicherheitsrat)

(1) Der Gerichtshof kann vorbehaltlich dieses Artikels seine Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression in Übereinstimmung mit Artikel 13 Buchstabe b ausüben.

(2) Der Gerichtshof kann seine Gerichtsbarkeit nur über Verbrechen der Aggression ausüben, die ein Jahr nach Ratifikation oder Annahme der Änderungen durch dreißig Vertragsstaaten begangen werden.

(3) Der Gerichtshof übt seine Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression in Übereinstimmung mit diesem Artikel vorbehaltlich eines Beschlusses aus, der nach dem 1. Januar 2017 mit derselben Mehrheit von Vertragsstaaten zu fassen ist, wie sie für die Annahme einer Änderung des Statuts erforderlich ist.

(4) Die Feststellung einer Angriffshandlung durch ein Organ außerhalb des Gerichtshofs berührt nicht die eigenen Erkenntnisse des Gerichtshofs nach diesem Statut.

(5) Dieser Artikel lässt die Bestimmungen über die Ausübung der Gerichtsbarkeit über die anderen in Artikel 5 bezeichneten Verbrechen unberührt.

5. Nach Artikel 25 Absatz 3 des Statuts wird folgender Wortlaut eingefügt:

(3bis) In Bezug auf das Verbrechen der Aggression findet dieser Artikel nur auf Personen Anwendung, die tatsächlich in der Lage sind, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder zu lenken.

6. Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 des Statuts wird durch folgenden Satz ersetzt:

(1) Die „Verbrechenselemente" helfen dem Gerichtshof bei der Auslegung und Anwendung der Artikel 6, 7, 8 und 8bis.

7. Der einleitende Halbsatz des Artikels 20 Absatz 3 des Statuts wird durch Folgendes ersetzt; der Rest des Absatzes bleibt unverändert:

(3) Niemand, der wegen eines auch nach Artikel 6, 7, 8 oder 8bis verbotenen Verhaltens vor ein anderes Gericht gestellt wurde, darf vom Gerichtshof für dasselbe Verhalten belangt werden, es sei denn, das Verfahren vor dem anderen Gericht


Anlage II
Änderungen der „Verbrechenselemente"

Artikel 8bis
Verbrechen der Aggression

Einleitung

1. Es wird davon ausgegangen, dass jede der in Artikel 8bis Absatz 2 genannten Handlungen als Angriffshandlung gilt.

2. Es muss nicht nachgewiesen werden, dass der Täter eine rechtliche Bewertung der Frage vorgenommen hat, ob die Anwendung von Waffengewalt mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbar war.

3. Der Ausdruck „offenkundig" ist ein objektives Merkmal.

4. Es muss nicht nachgewiesen werden, dass der Täter eine rechtliche Bewertung der Frage vorgenommen hat, ob die Verletzung der Charta der Vereinten Nationen „offenkundiger" Art war.

Elemente

1. Der Täter hat eine Angriffshandlung geplant, vorbereitet, eingeleitet oder ausgeführt.

2. Der Täter war eine Person |2|, die tatsächlich in der Lage war, das politische oder militärische Handeln des Staates, der die Angriffshandlung begangen hat, zu kontrollieren oder zu lenken.

3. Die Angriffshandlung - die gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbare Anwendung von Waffengewalt durch einen anderen Staat - wurde begangen.

4. Der Täter hatte Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, die die Unvereinbarkeit einer solchen Anwendung von Waffengewalt mit der Charta der Vereinten Nationen begründeten.

5. Die Angriffshandlung stellte ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen dar.

6. Der Täter hatte Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, die eine solche offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen begründeten.


Anlage III
Vereinbarte Auslegungen
betreffend die Änderungen
des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs
in Bezug auf das Verbrechen der Aggression

Unterbreitung durch den Sicherheitsrat

1. Es wird davon ausgegangen, dass der Gerichtshof die Gerichtsbarkeit auf der Grundlage der Unterbreitung durch den Sicherheitsrat in Übereinstimmung mit Artikel 13 Buchstabe b des Statuts nur über Verbrechen der Aggression ausüben kann, die begangen werden, nachdem ein Beschluss in Übereinstimmung mit Artikel 15ter Absatz 3 gefasst und ein Jahr seit der Ratifikation oder Annahme der Änderungen durch dreißig Vertragsstaaten vergangen ist, wobei der spätere Zeitpunkt maßgeblich ist.

2. Es wird davon ausgegangen, dass der Gerichtshof die Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression auf der Grundlage der Unterbreitung durch den Sicherheitsrat in Übereinstimmung mit Artikel 13 Buchstabe b des Statuts unabhängig davon ausübt, ob der betreffende Staat die diesbezügliche Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs anerkannt hat.

Gerichtsbarkeit ratione temporis

3. Es wird davon ausgegangen, dass der Gerichtshof in den nach Artikel 13 Buchstabe a oder c vorgesehenen Fällen seine Gerichtsbarkeit nur über Verbrechen der Aggression ausüben kann, die begangen werden, nachdem ein Beschluss in Übereinstimmung mit Artikel 15bis Absatz 3 gefasst und ein Jahr seit der Ratifikation oder Annahme der Änderungen durch dreißig Vertragsstaaten vergangen ist, wobei der spätere Zeitpunkt maßgeblich ist.

Innerstaatliche Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression

4. Es wird davon ausgegangen, dass die in den Änderungen getroffenen Begriffsbestimmungen der Angriffshandlung und des Verbrechens der Aggression ausschließlich für die Zwecke dieses Statuts vorgenommen werden. Im Einklang mit Artikel 10 des Römischen Statuts sind die Änderungen nicht so auszulegen, als beschränkten oder berührten sie bestehende oder sich entwickelnde Regeln des Völkerrechts für andere Zwecke als diejenigen dieses Statuts.

5. Es wird davon ausgegangen, dass die Änderungen nicht so auszulegen sind, als begründeten sie das Recht oder die Verpflichtung zur Ausübung der innerstaatlichen Gerichtsbarkeit über eine von einem anderen Staat begangene Angriffshandlung.

Weitere vereinbarte Auslegungen

6. Es wird davon ausgegangen, dass die Aggression die schwerste und gefährlichste Form der rechtswidrigen Anwendung von Gewalt ist und dass die Feststellung, ob eine Angriffshandlung begangen wurde, eine Prüfung aller Umstände des jeweiligen Falles, einschließlich der Schwere und der Folgen der betreffenden Handlungen, im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen erfordert.

7. Es wird davon ausgegangen, dass für die Bestimmung dessen, ob eine Angriffshandlung eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen darstellt, die drei Merkmale der Art, der Schwere und des Umfangs hinreichend gegeben sein müssen, um die Feststellung einer „offenkundigen" Verletzung zu rechtfertigen. Ein einzelnes Merkmal kann nicht so erheblich sein, dass es alleine das Kriterium der Offenkundigkeit erfüllt.


Anmerkungen:

1. Dieses Element ist nicht so auszulegen, als beschränke oder berühre es bestehende oder sich entwickelnde Regeln des Völkerrechts in Bezug auf die Entwicklung, Herstellung, Lagerung und den Einsatz chemischer Waffen. [Zurück]

2. In Bezug auf eine Angriffshandlung können auch mehrere Personen in einer Lage sein, die diese Kriterien erfüllt. [Zurück]


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